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Ich bin der Herr, dein Wrocklage

■ SPD-Parteitag sagt Ja und Amen zur Drogen- und Abschiebepolitik des Innensenators: Aus für Polizeibeauftragten Von Silke Mertins

Mit dem Credo ,Ich will so bleiben, wie ich bin' trat Innensenator Hartmuth Wrocklage den SPD-Landesparteitag „Sicher und frei in Hamburg leben“ an. „Du darfst“, befand die überwiegende Mehrheit der SPD-Delegierten am Sonnabend im Curio-Haus und gab ihr Jawort zu der mit wenigen Reförmchen garnierten Hamburger Innenpolitik ab. „Ich verstehe den Leitantrag auch als Anerkennung für die Arbeit, die – als Reaktion auf den Polizeiskandal – im vergangenen Jahr in der Innenbehörde und der Polizei geleistet worden ist“, kommentierte Wrocklage das 17seitige Abstimmungspapier. Damit zieht die SPD einen (voreiligen) Schlußstrich unter dieses düstere Kapitel.

Die Mehrheit der PolizeibeamtInnen leiste „engagierte und verantwortungsvolle Arbeit“, stellte Wrocklage seinen Untergebenen ein gutes Führungszeugnis aus. Deshalb könne man schon jetzt, vor Abschluß der Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, sagen, daß der pauschale Rassismus-Vorwurf gegen die Polizei „nicht gerechtfertigt“ sei. Auch für den prügelnden Ausnahme-Polizisten fand Wrocklage warme Worte: Im Alltag lägen „der notwendige polizeiliche Eingriff und der unerlaubte Übergriff sehr nah beieinander“.

Doch trotz des ausgearbeiteten Leitantrags zu Hamburgs Sicherheitspolitik – der bereits einen Kompromiß zwischen SPD-Linken und -Rechten darstellte –, mußte Wrocklage eine mehr als fünfstündige Debatte überstehen, bis es zur Abstimmung kam. Im Mittelpunkt der zum Teil hitzigen Diskussion standen die Einführung eines Polizeibeauftragten und das umstrittene Handlungskonzept zu St. Georg. Wrocklage selber ist gegen einen Polizeibeauftragten, weil ein Nebeneinander von Polizeibeauftragtem und Innensenator „eine Doppelzuständigekeit ohne Doppelverantwortungen“ bedeuten würde.

Mangels Einigkeit im Detail entschied man sich fürs Abwarten. Nur falls „begonnene Umstrukturierungen“ sich nicht bewähren, könnten andere Maßnahmen wie eine Kronzeugenregelung für Polizisten oder ein Polizeibeauftragter erwogen werden, heißt es im Leitantrag.

„Es war immer ein Grundwert sozialdemokratischer Politik, daß man auf die, die schutzlos sind, nicht noch mit dem Knüppel draufhaut“, erinnerte der Juso Mathias Meier-Abig. Das sei nicht vereinbar mit der Politik in St. Georg, die ausdrücklich „Abschiebungen minderjähriger ausländischer Intensivdealer“ für notwendig erklärt. Gleichzeitig beschloß der Parteitag, bei deutschen straffällig gewordenen Jugendlichen das „Opportunitätsprinzip“ (Augen zu) anzuwenden. Auch einer geschlossenen Heimunterbringung für „gefährliche Kinder und Jugendliche“, wie einige SPDler sie gerne wieder einführen würden, erteilte der Parteitag eine entschiedene Absage.

Diese Chancen möchte Jugendrichter und SPDler Joachim Katz auch für Kids ohne deutschen Paß. „Die Mehrheit der Jugendrichter findet das Konzept für St. Georg nicht in Ordnung“, versuchte er eine Zustimmung zum Leitantrag zu verhindern. Vergeblich: Nur sehr wenige der etwa 250 Delegierten stimmten dagegen.

Die vom Oberlandesgericht gerügten Platzverweise, die zur St. Georg-Politik gehören, will Innensenator Wrocklage jetzt durch eine Gesetzesänderung nachträglich legalisieren.

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