: Saufen für Hamburg
■ Wer soll das bloß bezahlen? Die Bürgerschaft zum Finanzloch
Auch das Herz des Bürgermeisters blutet, wenn er in naher Zukunft Hamburgs Tafelsilber verhökern wird. „Wir brauchen in Wahrheit mehr Geld für Bildung und Armutsbekämpfung“, vertraute Henning Voscherau gestern in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft an. „Aber das Geld haben wir nicht.“
In der bereits zweiten Debatte zum Finanzloch in Folge prangerte die Opposition nochmals die Konsolidierungspolitik des Senats an. „Larmoyanz und Wehleidigkeit ist keine Handlungsweise, man muß auch unpopuläre Einschnitte vornehmen“, scheute CDU-Oppositionsführer Ole von Beust keine Abstraktionen. Sparen will die CDU bei den Sozialausgaben, und zwar am liebsten bei den Sozialhilfeempfängern und den Gesamtschulen.
„In Hamburg sind die schlechten Steuerbürger hinzugezogen, während die guten außerhalb wohnen“, ließ CDUler Rolf Kruse keinen Zweifel daran, wen er in der Hansestadt gern loswerden würde. „Alle Probleme auf das böse Bonn zu schieben“, sei ebenso bequem wie unrichtig, nahm von Beust die Bundes-CDU vor dem Vorwurf in Schutz, die Länder als finanzielle Milchkuh zu mißbrauchen.
„Wir erwarten Vorschläge!“ so Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) in Vertretung für den abwesenden Finanzsenator Ortwin Runde. Offenbar hätten viele Abgeordnete noch immer nicht begriffen, daß Hamburg ohne den Verkauf öffentlicher Unternehmen im nächsten Jahr zahlungsunfähig ist.
Der konkrete Vorschlag der GAL, den Hafen statt die HEW zu veräußern, stieß allerdings auf keine sozialdemokratische Gegenliebe. „Wenn sie meinen, mit der Getränkesteuer den Haushalt sanieren zu können, müssen sie aber noch viel saufen“, so Willfried Maier (GAL) an die Adresse der SPD. Er beschwor die Genossen, beim Sparen die „sozialen Instinkte nicht zu verlieren“. Davon will die Statt Partei gar nichts wissen. Rotraut Meyer-Verheyen: „Finanzpolitik ist keine Verteilungspolitik, und die Gewerbesteuer keine Maßnahme für soziale Symmetrie.“ Silke Mertins
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