Seuchengefahr

■ Die da oben, wir da unten

Der Fußball ist bekanntlich eine mit zahlreichen Mysterien behaftete Sportart. Eines der größten Mysterien ist die Frage, warum es bei einer Mannschaft gut läuft, obwohl sie schlecht spielt, und bei einer anderen, die genauso schlecht spielt, eher miserabel. Oder anders ausgedrückt: wieso plötzlich sogar Kopfbälle von Andy Möller im Tor landen, jemand wie Olaf Marschall oder Pavel Kuka aber hundertmal aufs Tor schießen könnte und sich immer irgendein Pfosten oder eine Torwartfingerspitze fände, die dem Ball den Weg ins Tor verwehrt.

1860 sei seinen Borussen nahezu in allen Belangen überlegen gewesen, mußte Dortmunds Trainer Ottmar Hitzfeld zugeben, ein Spruch, den er mit wechselnden Gegnern seit Wochen herbetet. Die Punkte aber bleiben stets brav in Dortmund, so natürlich auch gegen die Münchner. Solche Spiele wie das 3:1 gegen 1860 gebe es eben nur, wenn man oben stehe, freut sich BVB- Präsident Niebaum, und die Borussen stehen ganz oben. Dort werden sie, zumindest wenn sie weiter so schlecht spielen, vermutlich auch bleiben, wie inzwischen auch Bayern-Manager Uli Hoeneß eingesehen hat, der den denkwürdigen Satz äußerte: „Wir werden die Dortmunder vor uns hertreiben, bis sie Meister sind.“

Ziemlich unten steht Werder Bremen, und wenn noch etwas fehlte, um das Maß an Peinlichkeit voll zu machen, dann war es eine Niederlage gegen den 1. FC Köln. Symptomatisch für die Bremer Misere: das siegbringende Tor der Gäste. Ein in seiner Harmlosigkeit typischer Kölner Angriff, Bremens Bode läßt den Ball dilettantisch zum Kölner Kohn prallen, der trifft nicht richtig, und läßt sich wenig später dennoch als grandioser Matchwinner feiern. Die kraftlos kullernde Lederkugel hatte kurz vor Torhüter Rost einen neckischen Hüpfer vollführt und sich vom verwirrten Keeper ins Tor boxen lassen. „So einen Treffer kassiert man nur, wenn man die Seuche hat“, stellte Werders Thomas Wolter fest, und auch Friedel Rausch, Trainer des 1. FC Kaiserslautern, bemühte nach dem 0:3 in Rostock das Vokabular der Epidemiologie, um die Misere seines Vereins zu benennen: „Wenn man die Seuche hat, wird man sie nicht wieder los.“

Ein Gegenbeispiel ist der SC Freiburg, der nach langer Punktlosigkeit vor allem dank der langen Finger seines Keepers Jörg Schmadtke dreimal in Folge gewann. So etwas könne man nicht erklären, meinte Trainer Volker Finke, und der neue kluge Kopf der Badener, Harry Decheiver, bestätigte: „Fußball ist irrational.“ Manchmal genüge schon ein Sieg, und alles werde gut. Bloß woher nehmen? Die simpelste Methode demonstrierte der 1. FC Köln. Die Seuche einfach weitergeben. Vorsicht, Ansteckungsgefahr. Matti