: Neue Grundschule: viele Fragezeichen
■ GEW fordert Forum zur Halbtagsschule / Wegner gegen Zwang
Gemein. Elf Minuten, nachdem Rotraut Meyer-Verheyen am Montag ihre Freude über die Einführung der von ihr im Rot-Grauen Kooperationsvertrag durchgeboxten „verläßlichen Halbtagsschule“ verkündete, schickte ihr Statt-Fraktions-Kollege Markus Wegner sein Gegenfax. Wie berichtet, sollen spätestens ab 1999 alle Hamburger Grundschulkinder von 8 bis 13 Uhr in der Schule betreut werden. Wegner pfuscht der schulpolitischen Sprecherin der Statt Partei ins Handwerk, indem er sich im Namen der Eltern Sorgen macht, die ihre Kleinen gern früher nach Hause holen wollen. Eine „zwangsweise Unterbringung“ über fünf Stunden täglich dürfe es nicht geben. Wegner: „Es wäre hanebüchen, alle Kinder in den ersten Klassen in ein Schultrott zu pferchen, deren pädagogische Fragwürdigkeit offensichtlich ist“.
Bedenken ganz anderer Art äußerte gestern der Hamburger GEW-Chef Hans-Peter de Lorent. Die Mehrzahl der heutigen Klassen hätten weder Gruppenräume noch ausreichend Spielflächen und -materialien. De Lorent: „Man kann die Kinder nicht fünf Stunden im Klassenraum einsperren“. Vor der Umwandlung in Halbtagsgrundschulen müsse daher geklärt werden, welche Schulen sich vom Raumangebot her überhaupt dazu eignen.
Allen voran stört die Lehrergewerkschaft die Informationspolitik der Schulbehörde. So hätten im Vorwege Oberschulräte je nach Bezirk unterschiedliche Details über Ausmaß und Beginn der Halbtagsgrundschule verbreitet. Auch sei den Beschäftigten bis heute nicht bekannt, in welcher Form sie ab Herbst ihre zusätzliche 28. Unterrichtsstunde ableisten sollen, jene Mehrarbeit, auf die sich die Schulreform im ersten Jahr ausschließlich stützt. Weiter stößt es de Lorent sauer auf, daß die Presse vor Schulleitern, Personalräten und Lehrerkammervertretern im Besitz des Reformkonzeptes ist. De Lorent: „Das ist ein Beispiel von Autonomie der Schulbehörde, wie wir es uns nicht vorstellen“. Da es noch großen Klärungsbedarf gebe – etwa, wie der Anspruch der „Verläßlichkeit“ nicht letztlich eine Verpflichtung wird, die einzig an den Lehrern vor Ort haftet – fordert er ein „Halbtagsschul-Forum“ mit Lehrern und Senatorin. kaj
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