„... dann habe ich zugeschlagen“

■ „Männer gegen Männer-Gewalt“-Mitarbeiter stellen Buch vor

„Über Männergewalt existieren nur Mythen“, sagt Burkhard Oelemann, Mitarbeiter von „Männer gegen Männer-Gewalt“, der bundesweit ersten Beratungsstelle für gewalttätige Männer. Der Grund: Männergewalt – in jeder dritten Beziehung wird die Frau vom Partner mißhandelt – werde bislang fast ausschließlich von Frauen aus der Perspektive der Opfer betrachtet.

„Weil von der Opferperspektive auf die Täterperspektive geschlossen“ werde, komme es zu Erklärungsmustern, „die mit der Realität wenig zu tun haben“. Um mit diesen Mythen aufzuräumen, haben der Erziehungswissenschaftler Oelemann und sein Kollege Joachim Lempert das Buch „...dann habe ich zugeschlagen“ geschrieben. Darin werten die beiden Hamburger ihre langjährige Arbeit mit prügelnden Männern aus, suchen nach Gründen für männliche Brutalität und nach Auswegen aus „dem Gewaltkreislauf“. Es beleuchtet Männergewalt aus der Perspektive der Täter und derer, die mit den Mißhandlern ihre Situation aufarbeiten.

Dabei geht es nicht darum, Entschuldigungen für die Gewalttätigkeit von Männern zu suchen oder sie zu bagatellisieren. Denn gewalttätig werden nicht Menschen, sondern Männer. Und die Täter sind für ihr gewalttätiges Verhalten allein verantwortlich. Weder eine fehlgeleitete Erziehung, noch Alkoholprobleme oder Arbeitslosigkeit oder gar ein angeblich „gewaltprovozierendes“ Verhalten der Partnerin können ihnen diese Verantwortung abnehmen.

Als Ursache für männliche Gewalttätigkeit sehen die Autoren, daß Männer es nie gelernt haben, sich zu Schwäche, Angst und Ohnmacht zu bekennen und solche Gefühle als identitätsbedrohend empfinden. Söhne kopieren ihre Väter, die Alltagsfrust und Fehlschläge meist sorgsam vor ihrem Nachwuchs verbergen. Statt sich Hilfe zu suchen, markieren „schwache“ Männer den „starken“ Max. Gewalt könne dabei zu einer kurzfristigen Entlastung führen: Schwäche wird durch Gewalt übertüncht.

Doch da es keine „Zwangsläufigkeit“ zur gewalttätigen Verarbeitung der verdrängten Ängste gebe, sehen die beiden Autoren „Auswege aus der Gewaltspirale“: Männer konfliktfähig und sich selbst-bewußt zu machen, und sie für das zu sensibilisieren, was sie mit ihrer Gewalttätigkeit anrichten. „Dann können die Männer keine Gewalt mehr ausüben“, sagt Burkhard Oelemann.

Der Erfolg der Beratungsstelle „Männer gegen Männer-Gewalt“, die prügelnden Männern Einzel- und Gruppengespräche anbietet, scheint ihm recht zu geben. Nach etwa einem dreiviertel Jahr Beratung seien 90 Prozent aller „Klienten“ nicht mehr gewalttätig. Die seit 1988 existierende Beratungsstelle wurde im vergangenen Jahr von rund 450 Männern in Anspruch genommen – Tendenz steigend.

Marco Carini

J. Lempert, B. Oelemann, „...dann habe ich zugeschlagen“, Konkret Literatur Verlag, 24 Mark, Buchvorstellung: heute, 20 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38 / Kontakt: Männer gegen Männergewalt, Mühlendamm 66, 2201277