Honeckers Maurer geben die Kelle ab

■ Traditionsreiche Ingenieurhochbau GmbH versinkt im Pleitestrudel des Maculankonzerns: 860 Arbeitslose

Eine der größten und traditionsreichsten Ostberliner Baufirmen ist pleite. In Kürze soll für die Ingenieurhochbau Berlin GmbH (IHB) das Konkursverfahren eröffnet werden. Der vom Gericht eingesetzte Zwangsverwalter, Rechtsanwalt Peter Leonhardt, hat wenig Hoffnung, noch Käufer für die verschuldete Firma zu finden. Jetzt folgt die „Liquidation“: Die Betonmischer, Kräne und Lastwagen kommen unter den Hammer, 860 IngenieurInnen und Baurbeiter gehen zum Arbeitsamt.

„Der Patient ist tot“, sagt Konkursanwalt Leonhardt. Als er die Verwaltung der IHB vor zwei Wochen übernahm, habe auf den meisten Baustellen schon niemand mehr gearbeitet. Die Lieferanten schickten keinen Kies und Stahl, weil sie die Zahlungsfähigkeit der IHB anzweifelten. Bis Ende Februar liefen Verluste in Höhe von 21 Millionen Mark auf. So kündigten die Kreditinstitute, allen voran die Berliner Bank, die Geschäftskonten des maroden Unternehmens. „Wer will so eine Firma noch kaufen?“ fragt Leonhardt.

Ingenieurhochbau versinkt im Pleitestrudel des österreichischen Maculan-Konzerns. Das zweitgrößte Bauunternehmen des Alpenlandes gestand Anfang März seine Zahlungsunfähigkeit ein. Nach dem Fall der Mauer hatte der mittelständische Firmenchef Alexander Maculan mehrere ostdeutsche Baubetriebe mit rund 6.000 Beschäftigten von der Treuhand erworben, darunter auch die IHB. Dann ging es bergab: Die Aufträge brachten oft weniger ein als die tatsächlichen Kosten, der gnadenlose Wettbewerb zwischen den Konzernen forderte Tribut. Schließlich stritten sich die 40 Gläubigerbanken noch so lange über neue Kredite an Maculan, bis für die meisten ostdeutschen Ableger nichts mehr zu retten war.

Mit der IHB verschwindet einer der wichtigsten Baubetriebe der früheren Hauptstadt der DDR. Große Zeiten erlebte das „VEB Baumontagekombinat Ingenieurhochbau Berlin“ mit seinen 11.000 Werktätigen nach der Gründung im Jahr 1962. Auf seinen Reißbrettern entstanden der Palast der Republik und die Charité. IHB-Kollektive stampften den neuen Alexanderplatz aus dem Boden, das Hotel Stadt Berlin und den Friedrichstadtpalast. Sie restaurierten das Nikolaiviertel und den Gendarmenmarkt mit seinen beiden Domen.

Jetzt warten die verbliebenen rund 860 HochbauerInnen auf ihre Löhne für Februar und März. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens gesellen sich die meisten zu den knapp 20.000 arbeitslosen BauarbeiterInnen im Großraum Berlin. Die Arbeitslosenquote im Baugewerbe beträgt heute schon 17 Prozent. Jede zehnte der 2.300 Berliner Baufirmen ging 1995 pleite.

Vermutlich wird demnächst eine Auffanggesellschaft gegründet, um die restlichen IHB-Bauprojekte, darunter eine Wohnanlage in Velten nördlich von Berlin, zu Ende zu bringen. Höchstens 100 Beschäftigte werden nach Einschätzung des IHB-Betriebsratsvorsitzenden Thomas Gambke dann noch arbeiten – und das auch nur für wenige Monate.

Gambke meint, daß sein Betrieb jetzt zusätzlich mit den Schulden anderer Maculan-Firmen belastet und als Bauernopfer in Konkurs geschickt werde. Dahinter stehe das Kalkül, unter anderem die Konzerntochter Hofman-Maculan zu retten, die gegenwärtig den Tiergartentunnel baut. Konkursanwalt Peter Leonhardt allerdings hält dieses Argument für „völlig abwegig“. Hannes Koch