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High-Tech-Krieger wollen nach Bonn

■ Unternehmen der elektronischen Kriegsführung stellen aus

Bonn (taz) – Geht es nach der „Association of Old Crows“, dann geben sich Mitte Mai die Freunde und Anhänger der elektronischen Kriegsführung aus aller Welt ein Stelldichein im Bonner Maritim- Hotel. Dorthin lädt die amerikanische Organisation vom 13. bis 15. des Monats zur alljährlichen Ausstellung und Konferenz, die erstmals in der Bundesrepublik stattfinden soll. Die „Association of Old Crows“ mit Sitz in Alexandria im US-Bundesstaat Virginia, gründete sich 1984 als Veteranenverband. Heute zählt sie nach eigenen Angaben 17.000 Mitglieder, davon 1.100 in Europa.

„Wenn Ihr Unternehmen tätig ist im Bereich von elektronischem Kampf, Radar, Laser, informationeller Kriegsführung, Luftabwehr, nicht-tödlichen Waffen“, zählt die Einladung unter anderem auf, „dann ist diese Ausstellung etwas für Sie“. Angesprochen fühlen sich bislang Rüstungskonzerne wie Daimler-Benz Aerospace, Rohde & Schwarz oder Thompson CSF, deren Experten sich mit Referaten zur Tagung angemeldet haben. Auch hochrangige Vertreter der Bundeswehr sind dabei, wenn der Kongreß Fragen erörtert wie die „Neue Digitale Welt – eine globale Herausforderung“, Elektronische Kriegsführung in UN-Operationen aus Sicht des Militärs“ oder „Elektronische Kriegsführung in Ungarn heute und in der Zukunft“. Nur geladene Gäste erhalten Zugang zur Veranstaltung, zu der die „Association of Old Crows“ rund 1.500 Besucher erwartet.

Derweil planen verschiedene Friedens- und Bürgerrechtsgruppen in Bonn mit Kundgebungen und „Die-Ins“ die Messe nach Möglichkeit zu verhindern. „Es wird Zeit“, teilt das hiesige Friedensbüro mit, „gemeinsam aktiv zu werden, damit der militärisch- industrielle Komplex nach der geplanten Copex-Rüstungsmesse nicht doch noch ein Forum in Bonn erhält“. Die „Covert & Operational Procurement Exhibition“ (Copex) hatte im Juni vorigen Jahres in der Bad Godesberger Stadthalle stattfinden sollen.

Die Messe geriet umgehend in die Schlagzeilen, da dort laut Berichten des englischen Fernsehsenders Channel 4 auch Folterwerkzeug verkauft wird. Nachdem Unbekannte die Glasfront der Stadthalle demoliert hatten, blies deren Pächter die Copex 1995 ab.

Soweit will es das Bonner Maritim-Hotel nicht kommen lassen. Deshalb versichert Direktor Dieter Struzyna, in der Luxusherberge finde keineswegs eine Ausstellung „elektronischer Waffen und Rüstungsgüter“ statt, sondern eine „technische Fachtagung über elektronische Steuerungssysteme“. Auch die deutsche Abteilung des Old-Crows-Verbandes, das „Red Baron Roost“ in Bonn, wiegelt ab: Die Messe befasse sich „mit Möglichkeiten, den Schutz eigener Mittel und Kräfte mit elektronischen Maßnahmen ohne den Einsatz von Waffen zu erreichen“.

Die sind im modernen Krieg ohnehin überflüssig, wenn etwa elektromagnetische Impulse Datenströme verwirren und Computerviren Telefonnetze oder Krankenhäuser lahmlegen. „Die Gefahren“, weiß das Fachblatt Soldat und Technik zu berichten, „sind nicht mehr wie bisher auf Verluste im Kampf begrenzt, sondern können innerhalb kurzer Zeit ein modernes Staatsgebilde destabilisieren oder im Extremfall zerstören“. Bernd Neubacher

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