Vier sorglose Tage Von Klaudia Brunst

„Auch mal ganz schön, so ohne Hund“, meinte meine Freundin, als wir uns von dem Schreck erholt hatten, daß wir – wider jede Ankündigung – während der Schlafwagenreise nach Wien nicht ausgeraubt worden waren. „Weißt du eigentlich, daß das unsere erste Reise seit drei Jahren ist, die wir mal wieder so ganz für uns allein machen?“ sinnierte sie, während wir die Terrasse des Café Demel nach einem freien Tischchen absuchten.

„Endlich mal nicht die leidige Frage, ob man den Hund mitnehmen kann, woher man ein Schälchen Wasser bekommt und ob nicht womöglich in der nächsten Ecke ein rabiater Köter unter dem Stuhlbein hockt, der es auf unseren Kleinen abgesehen hat.“ Die nächsten vier Tage, seufzte sie entrückt, wären wir nun also endlich mal wieder ganz frei von allen familiären Zwängen, müßten nicht einmal spazierengehen, wenn wir es nicht wollten („obwohl es ginge, direkt neben unserem Hotel ist ein kleiner Park, da könnte man abends ganz gut die Runde machen“) und könnten also endlich mal wieder ungestört unser Privatleben genießen – und uns über all die Dinge unterhalten, die sonst immer zu kurz kommen.

„Ist dir das eigentlich auch aufgefallen“, meinte sie wenig später, als wir mit der Tram in Richtung Kärntner Gasse fuhren, „daß die hier Maulkorbpflicht für Hunde haben?“ Das wäre ja nichts für unseren Wildfang, waren wir uns einig, und zudem „total unpraktisch“, wie meine Freundin meinte, „da muß man das Ding ja dann immer dabeihaben“. – „Hat aber auch seine Vorteile“, wandte ich ein, „wenn dann ein zweiter Hund in die Straßenbahn kommt, können die sich wenigstens nicht in die Wolle kriegen.“ – „Auch wieder wahr“, gab sie zu, nicht ohne hinterherzuschicken, daß wir ja, Gott sei Dank, diese Sorgen in den nächsten vier Tagen gar nicht haben würden.

„Apropos Sorgen: Wie es ihm wohl geht?“ nahm sie den Faden während unseres Bummels über den Naschmarkt wieder auf, „vielleicht sollten wir mal kurz durchrufen, wo es doch seine erste Nacht ohne uns ist? Irgendwie bin ich doch unruhig. Am Ende ist er ausgebüchst, weil dein schwuler Freund mal wieder lieber auf die Klappe gegangen ist, statt auf den Hund aufzupassen...“

„Jetzt beruhig dich doch mal“, versuchte ich sie zu beschwichtigen, „der Hund hat doch ein Namensschild um den Hals, wenn da tatsächlich irgend etwas schiefgeht, dann wird er bestimmt ins Tierheim gebracht, und dann rufen die uns schon an.“ – „Aber da steht doch unsere Berliner Telefonnummer drauf!“ rief meine Freundin plötzlich verschreckt. „Und da meldet sich dann nur unser Anrufbeantworter, und das kriegen wir dann ja eben doch gar nicht mit, und dann hockt er da in diesem schrecklichen Käfig und denkt, wir haben ihn einfach abgeschoben, nur um uns in Wien ein paar nette Tage zu machen. Hast du wenigstens deine Fernabfrage dabei?“

Seufzend steuerte ich die nächste Telefonzelle an, um in Berlin nach dem Rechten zu schauen. „Macht Euch keine Sorgen“, meinte mein schwuler Freund, „der Hund liegt friedlich in seinem Korb und knabbert an seinem Knochen.“ – „Oh Gott!“ stöhnte meine Freundin entsetzt, „nur der Hund? Hat er etwa aus Versehen den Kater ausgesperrt?“