: Um die Messe wird weiter gemauschelt
■ Streit um Messehallen: Wirtschaftsressort will Hegemann, Schadensersatz-Prozesse sind egal drohen
Einige führende Beamte aus dem Bau- und dem Wirtschaftsressort müssen an diesem Wochenende Überstunden machen. Denn am Dienstag, wenn Senatssitzung ist, soll eine klare Antwort gegeben werden auf die seit Wochen intern strittige Frage: Bekommt die Bremer Hegemann-Gruppe den Auftrag für den Bau der Messehallen oder die süddeutsche Baufirma Züblin? (vgl. taz 11.4./8.5.)
Erst gestern lag ein Rechtsgutachten vor, mit dem das Wirt-schaftsressort seine Position rechtlich untermauern wollte. Aber kein Jubelschrei drang aus dem Gemäuer an der Schlachte. „Ich habe das noch nicht aufmerksam studiert“, sagt der Mann aus dem Wirtschaftsressort am späteren Freitag nachmittag. Er sagt nichts. Keine Regung, ob er zufrieden sei mit dem Gutachten oder nicht. Auch nichts sagt der Mann aus dem Bauressort, aber mit fröhlichem Unterton: „Bitte verstehen Sie, ich will nicht lügen, ich sage Ihnen nichts.“
So scheint klar: Die staatseigene „Hanseatische Wirtschaftsgesellschaft“ (HVG) will die Bremer Hegemann-Gruppe mit dem 120-Millionen-Auftrag betrauen, und das wird ein juristisches Nachspiel haben, das für Bremen teuer werden könnte. Die Juristen aus dem Bauressort haben seit Wochen unwidersprochen auf die Risiken hingewiesen: Das süddeutsche Angebot (Züblin) bezog sich nicht nur direkt auf das ausgeschriebene Modell des Bremer Architekten Gerd Schultze, der Sieger im Architektenwettbewerb geworden war, sondern war auch das preiswertere in diesem EUweiten Ausschreibungsverfahren. Der Favorit der HVG hatte mit seinem „Nebengebot“ damit verloren.
Irgendjemand muß Hegemann aber die Preise gesteckt haben. Für das Hegemann-Gebot (im Konsortium mit Hochtief) gab es dann nachgereichte Nachträge, die im Ergebnis nun dazu führen, daß beide Angebote im Preis etwa gleich liegen. Und nachgereicht wurde das Kriterium, daß die Halle 16 und nicht nur 12 Meter hoch sein sollte. Das ist unzulässig, sagen die Juristen im Bauressort, und die Rechtsberater des Wirtschaftsressorts haben Mühe, dem klar zu widersprechen.
Trotzdem plant der Wirtschaftssenator immer noch den Durchmarsch. Denn Hegemann ist ein Bremer Unternehmer, er zahlt nicht nur hier seine Steuern, er hat sich um die Bremer Wirtschaftspolitik besonders verdient gemacht: Als für das Stahlwerk Klöckner industrielle Interessenten gesucht wurden, die neben dem staatlichen Engagement für die EU-konforme privatwirtschaftliche Mehrheit sorgen würden, da war neben Hennemanns Vulkan auch Hegemann hilfreich und übernahm zeitweise mit ca. 40 Millionen wichtige Stahlwerke-Anteile. Und wenn es demnächst um „industrielle“ Lösungen für die bremischen Werften geht, dann ist kaum vorstellbar, daß die Hegemann-Gruppe, zu der auch die Warnow-Werft zählt, nicht wieder gebraucht wird. Dem Wirtschaftsressort geht es also um mehr als um das Risiko eines verlorenen Schadensersatz-Prozesses.
Die Opposition, die das „dilettantische Auftragsmanagement“ kritisiert und die „Mauschelrepublik“ (so der grüne Ralf Fücks), will das Wirtschaftsressort auf keinen Fall bei sich in die Karten gucken lassen: Eine Information der Deputation sei nicht erforderlich, die Ausschüsse seien schon im Dezember informiert worden: „Die für die Vergabe noch zu klärenden Fragn werden zur zeit verwaltungsseitig überprüft und abgestimmt“, flunkert Wirtschaftssenator Perschau in seiner Absage an Fücks.
Am Dienstag wird die Angelegenheit auf Senatsebene entschieden. K.W.
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