: Atomexplosionen sind China zu teuer
■ Pekings Botschafter zeigt sich bei UNO-Konferenz in der Frage friedlicher Nuklearexperimente verhandlungsbereit
Genf (taz) – Bei der Verhandlungsrunde der Genfer UNO-Abrüstungskonferenz über ein Verbot von Atomwaffentest-Explosionen wird möglicherweise bald eines der Hauptprobleme ausgeräumt. Chinas Botschafter Sha Zukang deutete in der Nacht zum Dienstag erstmals „Flexibilität“ seiner Regierung in der Frage sogenannter „friedlicher Nuklearexplosionen“ an. Bei den bisherigen Verhandlungen hatte Peking auf einer Ausnahmeklausel für derartige Explosionen in einem Teststoppvertrag bestanden. Sie seien notwendig im Bergbau, zur Erforschung unterirdischer Mineralvorkommen oder zur Erdölförderung.
Botschafter Zukang betonte zwar, friedliche Nuklearexplosionen seien für ein „bevölkerungsreiches und ressourcenarmes Land wie China von großer Bedeutung“. Zugleich räumte er ein, seine Regierung habe kürzlich auf den Einsatz von Nuklearexplosionen bei einem Riesenstaudammprojekt verzichtet, nachdem chinesische Experten vor schweren ökologischen Folgeschäden gewarnt hatten. Auch könnten sich „friedliche Nuklearexplosionen“ als eine „zu teure Methode erweisen“.
Worin genau Chinas neue „Flexibilität“ bestehen wird, ließ sich der Botschafter zwar noch nicht entlocken. Doch sind die Möglichkeiten begrenzt: Ein Angebot Pekings, nach Aushandlung, Unterzeichung und Inkrafttreten eines Teststoppvertrages vollständig auf Nuklearexplosionen zu verzichten, wenn die hierfür vorgesehenen Daten Ende Juni, September sowie Januar 1997 nach hinten verschoben werden, scheint unwahrscheinlich. Denn Botschafter Zukang bekannte sich ausdrücklich zu diesem Zeitplan. Denkbar ist die Variante, daß China den anderen Vertragsstaaten eines Teststoppabkommens sehr weitgehende Möglichkeiten zur Überwachung seiner „friedlichen Nuklearexplosionen“ anbietet. Als sehr unwahrscheinlich gilt, daß Peking ohne irgendwelche Gegenleistung völlig auf friedliche Nuklearexplosionen verzichtet. Botschafter Zukang unterstrich, seine Regierung erwarte „Flexibilität“ auch von den anderen Mitgliedern der Abrüstungskonferenz. Von zentraler Bedeutung für Peking ist unter anderem, daß die Ueberprüfung eines künftigen Teststoppvertrages vorrangig durch eine internationale Kontrollbehörde vorgenommen wird, und nicht – wie bislang vor allem von Washington gefordert – durch nationale Regierungen und deren Aufklärungsinstrumente. Dahinter steht Chinas Sorge, die USA könnten ihre hochüberlegenen Technologien zum Einsatz bringen und dabei über die Überwachung eines Atomwaffenteststopps hinaus auch militärische Geheimnisse ausspionieren. Andreas Zumach
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