: „Öko-Roll-Back“
■ Naturschützer sauer über Verschleppung von lange geplanten Naturschutzverfahren
Was die Umweltbehörde der Deputation am Donnerstag als Sachstandsbericht in Fragen Naturschutz auf den Tisch legen will, ist nach Meinung eingefleischter Umweltschützer so etwas wie ein Abgesang auf den Naturschutz im Land Bremen. Drei wichtige Naturschutzverfahren stehen an der Kippe. Der Grund: anhaltender Widerstand von Seiten des Bau- und des Hafenressorts.
Martin Rode, als Bremer Experte des Bundes für Naturschutz (BUND) seit Jahren mit Naturschutzverfahren befaßt, ist aus mehreren Gründen sauer. Im Auftrag der Bremer Umweltinitiativen hat daran mitgearbeitet, daß die Flächen im Bremer Werderland, im Bremerhavener Außendeichsbereich von Weddewarden und am Weserportsee der Seestadt zu Naturschutzgebieten erklärt werden. Im Fall Wedderwarden habe er erst vor sechs Wochen das letzte Gespräch mit Häfen-Staatsrat Gerd Markus geführt. „Danach kann dem Naturschutz für den Wedderwarder Außendeich nichts, aber auch gar nichts mehr im Weg stehen“, sagt er.
Doch das Häfenressort sieht es anders: „Wir haben Vorbehalte, ob die Unter-Schutzstellung Einschränkungen für die volle Nutzung des neuen Containerterminals III bringt“, begründet der Sprecher des Häfenressorts, was die Grünen als eine „Verschleppungstaktik“ und ein „Ökologisches Roll-Back“ kritisieren. „Die Unterschutzstellung des Außendeichs in Weddewarden war ein Kernpunkt für die Baugenehmigung des Containerterminals III, das Ende 1997 in Betrieb gehen soll.“ Nicht genug: Sie ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben.
Doch um die Koalition geht es beim Tauziehen um den Naturschutz vor Weddewarden nicht. Der Häfensenator ist in dieser Sache uneins mit den SenatorInnen aus der eigenen Partei. „Im Schlepptau der Bremerhavener Handelskammer und des Magitrats will er den Naturschutz runterhandeln“, sagt Rode. „Dabei hat die Stadt Bremerhaven doch nur einen Hektar Naturschutzgebiet ausgewiesen.“ Vielleicht nicht genug, da will sich der Sprecher des Magistrats, Niederquell, nicht festlegen. Doch habe es gute Gründe gegeben, daß der Bremerhavener Magistrat die Bremer Umweltsenatorin in seiner Sitzung am 6. Mai aufforderte, das bereits eingeleitete Verfahren zur „Unterschutzsstellung“ der Außendeichsfläche einzustellen. „Wir glauben natürlich an das Containerterminal IV“ sagt er. Planfeststellungsverfahren dauerten doch gewiß zehn Jahre. Da wolle man keine Naturschutzgebiete gegen die wirtschaftlichen Prioritäten Bremerhavens einrichten.
Rode befürchtet eine ähnliche Tendenz für den Weserportsee in Bremerhaven: „Das einzige relevante Biotop mit natürlichem Röhrichtbestand“ könnte ab nächstes Jahr zum Parkplatz im Hafenbebiet verkommen: „Wenn es bis dahin nicht unter Naturschutz steht, ist jeder Schutz vorbei.“
Lediglich im Bremer Werderland, wo eine Ausgleichsfläche für den Industriepark West auf dem Klöckner-Gelände geschaffen werden soll, sieht Rode nicht etwa ausgemachten politischen Widerstand, sondern viel eher behördliche Ignoranz, diesmal aus dem Haus des Bausenators. Auch wenn sich alle Beteiligten über die Belange des Naturschutzes einig seien, werde dort das weitere Verfahren regelmäßig behindert. Die Akten blieben schlicht liegen.
ede
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