: Stromehe vor der Scheidung
■ Bundeskartellamt untersagt Beteiligung der Veba an den Bremer Stadtwerken. Veba zieht vor Gericht
Berlin (taz) – Eine Zwangsscheidung der größten Stromehe in Westdeutschland hat das Bundeskartellamt verfügt. Die Wettbewerbshüter teilten gestern mit, daß die 1995 vorgenommene Beteiligung des Veba-Konzerns an den Bremer Stadtwerken illegal sei und deswegen zurückgenommen werden müsse.
Auch wenn der größte deutsche Atomstromkonzern Veba nur 24,9 Prozent der Stadtwerke erworben habe, könne der Konzern damit einen erheblichen wettbewerblichen Einfluß auf die Stadtwerke ausüben – und dieser sei eben ungesetzlich.
Die Veba erklärte gestern, sie wolle das Kammergericht anrufen, um den Beschluß aufheben zu lassen. Bis zum entgültigen Gerichtsurteil bliebe alles beim alten.
Im Sommer 1995 hatte der Bremer Senat 49,8 Prozent seiner Stadtwerke für rund 680 Millionen Mark versilbert, um die riesigen Haushaltslöcher des Senats zu stopfen. Die Hälfte der verkauften Aktien ging damals an die Veba Energiebeteiligungs GmbH.
Für den Senat war die Veba der Wunschpartner – die Veba-Tochter PreussenElektra liefert ohnehin Strom an das Stadtwerk. Senat und Konzernspitze einigten sich auf eine Beteiligung von unter 25 Prozent, um die obligatorische vorherige Prüfung durch das Kartellamt zu vermeiden. Das Kartellamt hat anschließend trotzdem zugeschlagen. Im Paragraphen 23 des Wettbewerbsgesetzes gibt es nämlich seit einigen Jahren eine Klausel, die den Wettbewerbshütern erlaubt, bei einer Beteiligung unter 25 Prozent im nachhinein aktiv zu werden. Die Veba ist der erste Fall, bei dem das Kartellamt von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.
Der Bremer Senat kann sich trotz des bevorstehenden Rechtsstreit zurücklehnen. Er hat sich 1995 gut abgesichert. Veba-Sprecher Norbert Jäger bestätigte gestern: Auch wenn die Veba verliere, sei „im Kaufvertrag nicht vorgesehen, daß der Senat das Geld zurücküberweisen muß“. Hermann-Josef Tenhagen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen