Frauen müssen weiterflüchten

Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU): Zwei von fünf Frauenflüchtlingshäusern werden zum Jahresende geschlossen. DRK und Diakonisches Werk widersprechen: Bedarf ist vorhanden  ■ Von Ute Scheub

Zwei von insgesamt fünf Häusern für weibliche Flüchtlinge sollen zum Jahresende geschlossen werden. Betroffen sind eine vom Deutschen Roten Kreuz betriebene Einrichtung in der Herwarthstraße (Steglitz) und ein Haus in der Regie des Diakonischen Werkes in der Reinerzstraße (Wilmersdorf). Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) begründete die geplante Schließung mit einer „anhaltend schlechten Auslastung“ und zu hohen Kosten. Am 1. April, so die Senatorin, seien in der DRK-Einrichtung nur 39 von 44 Plätzen belegt gewesen. Von den 39 seien nur 15 Asylbewerberinnen gewesen, die anderen Plätze seien mit 24 alleinerziehenden Müttern aus dem ehemaligen Jugoslawien besetzt worden. Die Kosten von 50 Mark pro Person und Tag seien doppelt so hoch gewesen wie bei anderen Einrichtungen des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben.

Die Pressesprecherin des DRK meldete Widerspruch an: „Der Bedarf ist groß, wir haben sogar Wartelisten.“ Die Unterscheidung zwischen Asylbewerberinnen und anderen Flüchtlingen sei künstlich, so manche traumatisierte Bosnierin suche immer noch nach einer geeigneten Bleibe für sich und ihre Kinder. Auch das Kostenargument konnte sie nicht nachvollziehen: In kleinen Einrichtungen, in denen traumatisierte Frauen und Kinder vor Männern geschützt und psychosozial betreut werden, seien die Personalkosten immer höher als in Massenquartieren.

Susanne Weller vom Diakonischen Werk mochte die Einschätzung der Senatorin, die Situation in ihrer Einrichtung in Wilmersdorf sei „ähnlich mißlich“, ebenfalls nicht stehenlassen. Der Diakonie sei schon lange klar, daß das Haus aus vertraglichen Gründen nur befristet nur Verfügung stehen könne. Aber die 32 Plätze seien durch Flüchtlingsfrauen aus Exjugoslawien „voll belegt“.

Sozialsenatorin Hübner will die Bewohnerinnen der beiden Häuser am Ende des Jahres in eine andere Einrichtung für Flüchtlingsfrauen verlegen. Der Senat halte eine getrennte Unterbringung von Frauen und Kindern weiterhin für nötig, versicherte sie. Welches Haus so große Kapazitäten haben soll und wie dort ohne Streichung der psychosozialen Versorgung Kosten gespart werden sollen, bleibt das Geheimnis der Senatorin. Neben den bedrohten Häusern in der Herwarthstraße und der Reinerzstraße existiert ein weiteres, vom Diakonischen Werk getragenes in der Morgensternstraße (Steglitz). Zwei weitere Einrichtungen in der Wandlitzstraße (Lichtenberg) und in der Kalckreuthstraße (Schöneberg) sind ausschließlich für Bosnierinnen vorgesehen. Doch dort gibt es, wenn überhaupt, nur wenige freie Plätze.

„Zur Zeit machen die die aberwitzigsten Vorschläge, um auf dem Papier irgendwas einzusparen“, kommentierte Regina Schmidt, frauenpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen. Bosiljka Schedlich vom Verein Süd Ost Europa Kultur bezeichnete die drohende Schließung als „schlimm“. „Die Bewohnerinnen dort sind zusammengewachsen. Für diese zum Teil extrem traumatisierten Frauen ist das eine neue Vertreibung. Man kann die nicht wie alte Stühle versetzen.“ Sie riet der Senatorin, „mal mit einem Psychologen zu reden“. Der könne ihr vielleicht klarmachen, daß solche Maßnahmen auch ökonomisch fragwürdig seien, weil die Gefahr traumatischer Rückfälle steige. Und das bedeute schließlich höhere Behandlungskosten.