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Unterm Strich

Reaktionen auf den Tod von Rio Reiser (siehe Tagesthema von gestern): „Rio war der Deutsch-Text-Pionier mit den ersten Politsongs hierzulande, und deshalb ist er der ,König von Deutschland‘. Rio stand mit seiner Musik für feinste Randale und gnadenlosen Straßenkampf. Rio, du reitest vor, wir sehen uns wieder.“ (Udo Lindenberg) „Rio war einer meiner besten Freunde. Und für mich immer der genialste deutsche Rocksänger. Ich kann es nicht fassen, daß seine wunderbare Stimme nicht mehr erklingen wird.“ (Corny Littmann vom Schmidt-Theater) „Rios Ton Steine Scherben war die einzige deutsche Verkörperung der Idee von Rockmusik.“ (Blixa Bargeld) „Ich bin geschockt und furchtbar traurig. Nicht nur, weil uns ein feingeistiger Künsler verloren gegangen ist, sondern auch auf der menschlichen Ebene. Reiser war ein Mensch, vor dessen Schaffenswerk man Hochachtung hat. Ich kenne ihn nur als ,Entweder-oder-Mensch. Rio Reiser ist ein Unikat.“ (Pe Werner) Auch

Nena fand Rio „total toll“, schon von Ton Steine Scherben sei sie „schwer begeistert“ gewesen – „ich hoffe, daß es ihm jetzt auch gut geht“. Die Familie überlegt, das nordfriesische Bauernhaus in Fresenhagen, in dem Rio die letzten Jahre gewohnt hatte, zum „Rio-Reiser-Haus“ umzuwidmen und dort jungen Bands eine Möglichkeit zum Üben zu geben.

Nichts zu Rio Reiser, aber zur Frage der Quotierung deutscher Rockmusik äußert sich die Hamburger Band Blumfeld in einem Fax. In einem an den Spiegel (wo Kunzes Interview mit der Forderung nach einem „Austritt aus der Nato“ für deutsche Rockmusiker erschienen war) gerichteten, dort aber nicht veröffentlichten Brief heißt es: „Was Heinz Rudolf Kunze veranlaßt, sich wiederholt zum Förderer von Musikgruppen wie Blumfeld aufzuschwingen, bleibt uns ein Rätsel ... Wer wie Kunze die Absicht hat, sich durch eine deutschnationale Quotendebatte zu profilieren und dafür bereit ist, vom ,Genozid an der deutschen Rockmusik‘ zu sprechen [meint: diese Rede zu verharmlosen], hat weit mehr als die Ohrfeigen verdient, die er jetzt schon zu ertragen hat.“ Bleibt die Frage, was „weit mehr als Ohrfeigen“ heißt: Teeren und Federn, Piercing, chinesische Wasserfolter? Tut's nicht, Jungs!

Ein weiterer Konflikt bahnt sich an zwischen der Rockband Oasis und den Schlümpfen. Diese hatten vorgehabt, den Hit „Wonderwall“ zu „Wondersmurf“ einzuschlumpfen. Bisheriger Stand: Oasis drohten mit einer Klage, die Schlumpfmacher konterten mit dem Vorwurf eines „Humorfehlers“. Auf dem aktuellen Album „Smurfs go Pop“ ist der Titel nicht drauf.

Der VfL Bochum mag „unabsteigbar“ sein, Goslar aber zählt glasklar zu den unbeleidigbarsten Städten der Republik. Jedenfalls verzog man dort keine Miene, als Peter Maffay, dem die Sektion Kultur der Stadtverwaltung schon im letzten Jahr den „Paul- Lincke-Ring“ Goslars verliehen hatte, „wegen terminlicher Verpflichtungen im Ausland“ leider nicht zur Verleihung erscheinen konnte. Jetzt kommt er aber doch – im Rahmen seiner Deutschlandtournee am 27.August, wo ihm der Preis, der so heißt, weil der Berliner Komponist Paul Lincke nach dem Krieg mal eine zeitlang in dem Oberharzer Kurort gelebt hat, im Kulturhaus Hahnenklee im Stadtteil Hahnenklee- Bockswiese nachgereicht werden wird. Die der taz vorliegende Pressemitteilung verzeichnet minutiös das Protokoll der Zeremonie: Begrüßung durch Oberbürgermeisterin Marta Lattemann-Meyer, Laudatio und Überreichung, schließlich „Dankesworte: Peter Maffay“. Vor allem aber wird Dr. Wolfgang Schömbs „Impressionen in Jazz“ zur Aufführung bringen, und zwar „über eine Melodie von Paul Lincke“, aber auch „The Sun – Hommage an Peter Maffay“ und, zum Ausklang, „Panorama 3440“. Da würde man ja gern mal Mäuschen spielen.

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