Mit 45 fängt es an, Danny weh zu tun

■ Die Münchner Sixdays verabschieden die Recken Clark, Hübner und Ludwig

München (taz) – Magdalena Brzeska war versprochen, doch die deutsche Vorzeige-Gymnastin blieb in Düsseldorf im Sturm hängen. Also mußte ein Kaiser namens Roland das 33. Münchner Sechstagerennen anschießen, was das Publikum nicht gerade zu Begeisterungsstürmen trieb. Doch diese Pleite vom Eröffnungstag ist vergessen, und längst ist Routine eingekehrt in die Olympiahalle.

Ganz unten in den Katakomben wiegen sich zwei „leichte“ Damen im Rhythmus der Musik und entblättern sich langsam aus der sie umspannenden Alufolie. Zwei Etagen höher schießt der eine oder andere Besucher seinem Herzilein eine hübsche Plastikrose oder ein Kuscheltier in Übergröße. Und im Innenraum labt sich die solariumgebräunte Schickeria an den verschiedensten Köstlichkeiten, während auf der Holzbahn Olympiasieger, Weltmeister und Sixday- Spezialisten zu später Stunde für Prämien und flotte Autos um die Wette strampeln.

Ein ganz normales Münchner Sechtagerennen also. Und doch ist es diesmal ein bißchen anders. Ein wenig Wehmut ist zu spüren. Denn mit Olaf Ludwig, Michael Hübner und Danny Clark drehen gleich drei große Radfahrer zum letzten Mal ihre Runden. Am Dienstag abend werden sie sich vom Münchner Publikum, nach der Saison ganz von der Hetzerei auf den Schmalreifen verabschieden. Danny Clark will man das zwar nicht mehr so ganz glauben, weil er auf den Winterbahnen schon vielfach den Rücktritt vom Rücktritt feierte. 225 Sechstagerennen hat der Australier bestritten, 74 davon gewonnen. Doch jetzt, mit 45, verspricht Clark, „höre ich auf, endgültig“. Denn „es fängt an, weh zu tun“. Wahrscheinlich meint er damit nicht nur körperliche Schmerzen, denn in München geschieht, was er überhaupt nicht mag: Er fährt hinterher.

Olaf Ludwig hat sich während seiner Karriere die Zuneigung deutscher Fans ersprintet, nicht nur in der DDR, für die er zweimal die Friedensfahrt und 1988 olympisches Gold gewann. Nach der Wiedervereinigung holte er sich neben 55 Siegen bei den Profis den Weltcup (1992) und eine Bronzemedaille bei der WM 1993. Doch auch er ist mit 36 langsam müde, kein Wunder nach etwa 500.000 Kilometern im Sattel. Was danach kommt, weiß er nicht. „Aber ich habe keine Angst davor.“

Die hat dafür Wilfried Spronk, Organisator des Münchner Rennens. Zwar hat sich die Bundesrepublik zu einer ernstzunehmenden Radnation entwickelt, doch die Nachwuchsarbeit konnte bisher nicht mithalten. „Der Übergang vom Jugendbereich zu den Profis ist alles andere als nahtlos“, sagt Robert Lange, Juniorentrainer im Bund Deutscher Radfahrer. Deswegen hat man in München einen Modellversuch unternommen. Jeden Nachmittag, vor den Profi- Rennen, strampeln Nachwuchsfahrer um die Wette. Lange hofft, daß diese dadurch „ihre Technik und ihren Überblick“ verbessern. Schließlich sei auch Erik Zabel als Junior eine Bahn-WM gefahren.

Zabel dreht auch in der Halle eifrig seine Runden. Robert Lange sieht in ihm das geeignete Vorbild für die jungen Fahrer; läuft alles nach Plan, wird Zabel im kommenden Jahr auch mit den Youngstern trainieren. Insgesamt ist Lange mit dem Modellversuch in München sehr zufrieden. Jetzt hofft er darauf, daß auch Sechstage-Städte wie Stuttgart und Dortmund nachziehen. Der rotweiße Getränkehersteller hat seine Unterstützung bereits angeboten, im nächsten Jahr soll der Jugend-Cup seinen Namen tragen. Das ist noch kein Grund, „Hosianna zu schreien“, sagt Spronk. Aber immerhin ein Anfang. Nina Klöckner