: Die Uhr der Vulkan-Werft läuft ab
■ Am Fregatten-Auftrag hängt alles / Bremen lehnte im März schon die Bürgschaft dafür ab
Der 10. Dezember wird zu einem Schicksalstag für die Bremer Vulkan-Werft. Dann nämlich wollen die Wirtschaftsberater von McKinsey den ersten Entwurf ihrer Expertise vorlegen. „Wir haben in den Auftrag ausdrücklich hineingeschrieben, daß es keine politischen Vorgaben gibt“, versicherte ein hoher Beamter aus dem Rathaus.
Unabhängig von der McKinsey- Untersuchung klären derzeit Interessenten der Hegemann- und der Lürssen-Werft, unter welchen Bedingungen sich eine Übernahme der Werft für sie lohnt. Während Lürssen vor allem Interesse an den Rüstungsanteilen und der Marineschiffbau-GmbH hat, will Hegemann auch für den Handelsschiffbau Kapazitäten erhalten. Die beiden Schiffbauer sind sich noch nicht einig geworden, insbesondere stellt sich die Frage, woher das Kapital kommen soll, wenn Hegemann wirklich den bisher höchst subventionsbedürftigen Handelsschiffbau fortführen will. An dieser Frage hängt derzeit noch mehr als an dem McKinsey-Gutachten. „Weder Hegemann noch Lürssen wird sich abhängig machen von einem Wirtschaftsgutachten“, denkt Heinz-Jörg Glahr, der Marketing-Geschäftsführer des Vulkan. Wohl werden die beiden aber mit den Experten von McKinsey am 10. Dezember deren Ergebnisse beraten.
Entscheidend ist dann, ob der Vulkan überhaupt noch eine Chance hat, an dem Fregatten-Auftrag beteiligt zu werden. Ursprünglich waren die vier Partner – Thyssen-Emden, HDW, Blohm&Voss und Vulkan noch von vier Fregatten ausgegangen, nach den Kürzungsrunden im Verteidigungsetat werden die vier Werften sich drei Aufträge teilen müssen. Klar, daß die anderen drei versuchen, den Vulkan hinauszudrängen – und das um so mehr, da im Frühjahr 1996, als die Konsortialverträge gemacht wurden, der Vulkan-Verbund im Vergleich war, eine geforderte Bürgschaft nicht leisten konnte und daher nur unter Vorbehalt aufgenommen wurde. Auch das Land Bremen hatte im März 1996 diese Bürgschaft nicht übernommen, weil das Land sich nicht in unklare Auffang-Lösungen für die Werft hineinziehen lassen wollte.
Nach einem Bericht von buten&binnen will der Thyssen-Konzern sich von seinen beiden Schiffbau-Standorten in Emden und Hamburg trennen und sie an die Preussag verkaufen; damit gäbe es einen deutschen Werftenkonzern – der Bremer Vulkan hätte es mit einem „Konsorten“ zu tun, der ihn als unliebsamen Konkurrenten betrachtet.
Ohne den Fregatten-Auftrag aber wird der Vulkan-Werft derzeit keine Chance mehr gegeben. „Der Marineschiffbau ist das wichtigste, was es hier für uns gibt“, formuliert diese Tatsache der Betriebsratsvorsitzende Hasso Kulla. Das Schicksal der derzeit im Bau befindlichen Container-Frachter ist immer noch nicht klar, weil die Conti-Reederei, die die Schiffe bestellt hat, auf dem Charter-Markt noch nach Aufträgen sucht, um die Finanzierung sicherstellen zu können. Auch die Idee, aus Erlösen des Rumpfes der Costa 2, der ganz vom Land Bremen bezahlt worden ist, die Finanzierung der neuen Container-Bauten sicherzustellen, hat bisher nicht geklappt. Gestern jedenfalls warteten die Vulkan-Werftchefs auf Post aus Genua – eigentlich ist der Vertrag ausgehandelt, nur unterschrieben ist er nicht. Und der Postbote brachte gestern auch keine Costa-Unterschrift.
Die Zeit läuft ab für den Vulkan – im Januar müßte für die Fregatten das Material bestellt werden. Dies ist der „harte“ Termin, weniger die Vorlage des endgültigen McKinsey-Papiers. Wenn bis dahin nicht alles klar ist und die Vulkan-Marineschiffbau-GmbH nicht das Material für die Fregatte bestellen kann, dann wird nicht einmal ein kleiner Rüstungs-Anteil beim Vulkan in Vegesack übrig bleibt. K.W.
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