: „Obdachlosenunterbringung gut im Griff“
■ Ärger mit der Sozialbehörde um Benefiz-Konzert zugunsten von Obdachlosen
„Wir haben derzeit kein Projekt im Bereich Obdachlosenbetreuung, das notleidend wäre“, beantwortete Holger Bruns-Kösters, Sprecher der Sozialsenatorin, am 26. September eine Anfrage von Thomas Beckmann. Beckmann ist Cellist und Organisator von „Gemeinsam gegen Kälte e.V.“, einer Initiative, die in mehreren Großstädten Deutschlands in Zusammenarbeit mit den Sozialbehörden Spenden für Obdachlose sammelt. Auch an Sozialsenatorin Tine Wischer hat sich Beckmann gewandt – ohne Erfolg, wie das Antwortschreiben beweist.
„Die Sozialbehörde will den Eindruck erwecken, sie hätte alles im Griff“, glaubt Pit Mau von Jaro-Medien, der Bremer Plattenfirma, die Thomas Beckmann unter Vertrag hat und seine Aktion in Bremen vorbereitet.
Tatsächlich, so Bruns-Kösters, habe Bremen die Obdachlosenunterbringung „ganz gut im Griff“; die Absage an Beckmann, mit „Gemeinsam gegen Kälte“ zu kooperieren, sei aber „ein bißchen unglücklich formuliert“ gewesen. Pit Mau: „Jedes einzelne Statement von Bruns-Kösters ist falsch oder geht an der Sache vorbei.“
Dem Streit vorausgegangen war ein „Kommunikationsproblem“, so Bruns-Kösters, zwischen dem Cellisten und der Sozialbehörde. Knackpunkt: Beckmann habe nicht einfach die Namen einiger wohltätiger Organisationen erfahren wollen, denen die Einnahmen aus dem Benefiz zugute kommen könnten: „Das wäre kein Problem gewesen, so was machen wir ständig.“
Problematisch hingegen wäre es gewesen, wenn durch das Konzert der Eindruck erweckt worden wäre, das Land Bremen wäre auf Spenden angewiesen, um Bedürftigen Schlafsäcke zu vermitteln. Denn mit der Verteilung von Schlafsäcken und Isomatten startete Beckmann 1993 seine Hilfsaktion in Düsseldorf. Mittlerweile, behauptet er, seien 23 Städte bei „Gemeinsam gegen Kälte“ dabei. „Tolle Sache“, hätte etwa die Sozialbehörde in Nordrhein-Westfalen zu der Aktion gesagt. Privatfirmen hätten bundesweit Werbeflächen im Wert von 15 Millionen Mark zur Verfügung gestellt – Sozialsponsoring sei schließlich nichts Ungewöhnliches, sagt Pit Mau von Jaro-Medien.
Das findet auch die „Tasse“, die in einem offenen Brief an die Sozialsenatorin Verständnislosigkeit geäußert hatte gegenüber der Haltung der Behörde.
Aus dem Hause Tine Wischers verlautete gestern, man begrüße das Benefiz-Konzert Thomas Beckmanns durchaus, sei aber der Auffassung, im Bundesvergleich in der Obdachlosenbetreuung gut dazustehen. Im übrigen sei die Ausgabe von Schlafsäcken kein geeignetes sozialpolitisches Instrument.
Am 7. Februar '97 wird es – auch ohne Unterstützung der Stadt – in der Liebfrauenkirche ein Benefiz-Cellokonzert geben. Der Erlös geht an das Obdachlosenprojekt „Tasse“ in Bremen-Walle, die Bremer Tafel, die Obdachlosenhilfe und andere Einrichtungen Mu
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