: Spekulation raubt den Menschen die Arbeit
■ betr.: „Das Wunder der Kleinst darlehen für Arme“ (Microdredit Summit in Washington), taz vom 3. 2. 97, „Am Rande“, taz vom 6. 2. 97
Die Zusage von 41 Millionen Dollar für Kleinstkredite in 25 armen Ländern mag das einzige konkrete Ergebnis gewesen sein. Es ist aber sehr wichtig!
Es signalisiert das Umdenken von der bisher geübten „Wohltätigkeit“, die die Armen von den Reichen abhängig hält, zur höchsten Stufe der Wohltätigkeit (nach Maimonides, dem jüdischen Religionsphilosophen aus dem 13. Jahrhundert), die den Empfänger vom Geber unabhängig macht.
Außerdem ist diese Zusage ein erster Schritt in die richtige Richtung. Investitionen in die Kreativität der Ärmsten schafft kleinräumig Wirtschaftskreisläufe, die sich langfristig selbst finanzieren, und ist allemal besser als Geldvermehrung durch Spekulation. Denn das raubt den Menschen die Arbeit.
Nach Erfahrungen aus Bangladesch und Mittelamerika zahlen die Kreditnehmerinnen durch Solidarität und gegenseitige Stärkung zu über 95 Prozent die Kredite zurück und verbessern Ernährung, Bildung, Gesundheit und Familienplanung. Dadurch hat sich schon das Bevölkerungswachstum verlangsamt, ein Zusammenhang, den immer noch zu wenige anerkennen. Heinrici Ruhemann, Berlin
Nicht nur den „Banken fehlt Know-how für das Armen-Banking“, sondern auch vielen Entwicklungsorganisationen. Unprofessionelle Darlehensvergabe kann jedoch schlimme Folgen haben: Sie kann dazu führen, daß das im bestimmten Kontext sinnvolle Instrument „Kredit“ von den betroffenen Menschen nicht ernst genommen und mit Spenden gleichgesetzt wird und daß damit der Kleinkredit als Instrument der Entwicklungsförderung diskreditiert wird. Oder aber die Menschen sind mit dem Risiko einer wachsenden Verschuldung konfrontiert.
Die Ökumenische Entwicklungsgenossenschaft (EDCS) arbeitet bereits seit mehr als 20 Jahren ausschließlich mit Krediten, die sie allerdings nicht an Einzelpersonen vergibt, sondern an genossenschaftliche Strukturen, wie zum Beispiel Kaffee-, Tee-, Vermarktungsgenossenschaften oder kleine gewerbliche Betriebe. Damit wird eine fachkundige Beratung und breite Streuung des Kapitals vor Ort gewährleistet, aber auch eine Investition in den Produktivsektor, der Arbeitsplätze schafft und lokale Wirtschaftsprozesse stärkt.
Ihr Kapital erhält die EDCS von privaten und institutionellen AnlegerInnen im Norden, die ihr Spargeld unter ökologischen und sozialen Kriterien anlegen wollen. Man muß also nicht erst nach Großbritannien (Triodos-Bank) reisen, um in Entwicklung zu investieren. Ulrike Chini, EDCS, Bonn
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