: Nostalgiefalle Hafen
■ Künstlerische Gedanken zur See: Galerie des Westens präsentiert ab heute ihre neue Ausstellung „FREI HÄFEN“
Eigentlich würde nur noch Hans Albers fehlen – in der Ausstellung „FREI HÄFEN“, die ab heute in der „Galerie des Westens“zu sehen ist. „Twilight-Zone“, „Fantasie“und „Faszination“– diese Wörter fallen oft, wenn Organisator Rolf Weber über „den Hafen“redet, der „allein schon durch seinen ästhetischen Reiz Künstler schlechthin anspricht.“Angesprochen wurden die neun ausstellenden KünstlerInnen tatsächlich – da wurde bei den Fotografien, Malereien und Objekten zum Teil auch vor Klischees und stark Verspieltem nicht haltgemacht.
Denn schließlich bezeichnet sich Rolf Weber als „mindestens in der dritten Generation hafennah“, und soviel Familientradition will verarbeitet werden. Großvater ging zur See. Vater arbeitete beim Hafenbauamt, und Sohn Rolf lernte Holzmechaniker auf der AG Weser Werft. Bis heute stromert er im Hafengebiet umher, um Fundstücke für seine „Objekte“zu sammeln. In alten Fensterrahmen stecken Fotos, stehen Kapitäne und Meerjungfrauen im Netz – im Hintergrund finden sich immer wieder von Tauen umrankte Schaltpläne: „Mittlerweile ist ja alles viel technischer geworden“, sagt Weber – und diesen Gegensatz wolle er deutlich machen.
Ein bißchen mehr Wehmut hat die Diplom-Grafikerin und Fotografin Susanne Hinderks bei ihrem künstlerischen Umgang mit dem Hafen gepackt, „denn ein bißchen tot ist es ja dort schon geworden“, gibt sie zu. Schwarz-weiß Fotografien hat sie mit Fotokopien unterlegt: Malochende Hafenarbeiter verschwinden dort hinter Kränen, wirken seltsam blaß. Umso mehr freut es Susanne Hinderks aber, wenn sie bei ihren Streifzügen durchs Hafengebiet mal ein Schiff entdeckt, das abgeladen wird. „Dann fragen die Arbeiter Dich: Willst Du auch eine Orange haben?“
Verträumt, schwelgerisch und nostalgisch – so liest sich auch der zur Ausstellung passende Band „Hafen-Konzerte“, den Rolf Weber als alleiniger Autor zu verantworten hat. Geschichten von Matrosen, Gedichte von „Long John Silver“aus der „Schatzinsel“oder Episoden aus der „Liebe eines Seemanns“erzählt er da auf rund 160 Seiten. „Im Prinzip kommen da auch Stereotypen mit rein. Man biegt sich das so zurecht. Es sollte ja nichts Dokumentarisches sein. Das ist nicht so ernst gemeint“, sagt er zu dem Band.
Bei soviel Nostalgischem heben sich die „Rundblicke“von Constantin Jaxy deutlich von den anderen Austellungsobjekten ab: Acht schwarze, runde Elemente hängen da an der Wand – und sind mit stark minimalisierten Formen gefüllt, die entfernt an Kräne und Fische erinnern. „Für Constantin spielt Flair also überhaupt keine Rolle mehr“, erklärt Rolf Weber. Wie angenehm wahr. kat
„FREI HÄFEN“ist noch bis zum 30.April in der „Galerie des Westens“, Reuterstr. 9-17, zu sehen. Jeweils Di. (15-19 Uhr), Mi. (10-13 Uhr), Do. (15-21.30 Uhr) und Fr. (15-18 Uhr).
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