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Legales Elfenbein für Japan

Alarm bei Artenschützern: Europarecht und afrikanische Konferenz gefährden bedrohte Tiere. Auch Elefanten sollen wieder in den Handel  ■ Von Peter Hergersberg

Berlin (taz) – Im Juni konferieren wieder einmal die Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens in Harare (Simbabwe) über den Schutz einzelner Spezies. Schon jetzt läuten Artenschützer aus der ganzen Welt die Alarmglocken, weil sie fürchten, die Delegierten könnten den Schutz seltener Tiere und Pflanzen schmerzlich beschneiden.

In Bonn gaben die Aktionsgemeinschaft Artenschutz (AgA) und der Deutsche Naturschutzring (DNR) gestern eine Pressekonferenz, um gegen eine laxe Haltung der deutschen Regierungsdelegation für die Konferenz Front zu machen. Sie warnen außerdem davor, die Kontrolle des Artenschutzes in Deutschland mit Europarecht aufzuweichen.

Die beiden Organisationen fürchten, daß nach dem 1. Juni 1997 die Händler bedrohter Tiere und Pflanzen in Europa viel leichter durch das Netz der Kontrollen schlüpfen können. Bislang müssen Händler anhand sogenannter CITES-Dokumente in jedem Staat beweisen, daß sie zur Aus- oder Einfuhr eines seltenen Exemplars berechtigt sind. Mit CITES-Dokumenten dürfen solche Lebewesen die Grenzen passieren, die unter Anhang II des Artenschutzabkommens aufgeführt sind.

Ab dem 1. Juni müssen Käufer und Verkäufer die Dokumente nur noch vorzeigen, wenn sie seltene Arten über die Außengrenzen der Europäischen Union holen. „Bei den nachlässigen Kontrollen in einem Staat wie Griechenland öffnet die Regelung dem Schmuggel Tür und Tor“, warnt AgA-Vorsitzender Günther Peter.

Jürgen Jakobs, Sprecher des Bundesumweltministeriums, räumt ein, daß der Artenschutz auf dem Binnenmarkt schwerer zu überwachen sei. Er setzt auf europäische Expertenkommissionen, in denen sich die Fachleute gegenseitig über die Schulter schauen, ob der jeweils andere seinen Job auch ordentlich macht.

Währenddessen beraten bis heute Tierschützer aus aller Welt unter der Federführung der britischen Environmental Investigation Agency (EIA) in Johannesburg über den Schutz der Elefanten. Sie wollen die Regierungsvertreter wachrütteln, damit auch über deren Zusammenkunft im Juni hinaus der Handel mit Elfenbein und anderer Elefantenjagdbeute verboten bleibt.

Hintergrund ist ein Antrag der südafrikanischen Länder Namibia, Simbabwe und Botswana, Elefanten wieder eingeschränkt zum Abschuß freizugeben. Den Vertretern der drei Staaten zufolge haben sich die Bestände der Elefanten dort so weit erholt, daß sie einen beschränkten Handel mit Elfenbein, lebenden Tieren und ihren Häuten wieder zulassen wollen. „In den vergangenen Jahren waren die Behörden dieser drei Länder sehr engagiert, um die Elefantenherden zu hegen“, lobt Roland Melisch, Konferenzgesandter des World Wide Fund for Nature (WWF). Die Bestände hätten sich leicht erholt. In allen drei Ländern zusammen sollen derzeit etwa 150.000 afrikanische Dickhäuter umherstreifen, ein knappes Viertel der Elefanten, die auf dem afrikanischen Kontinent leben.

Melisch lehnt es trotzdem ab, den Handel wieder zu erlauben. Denn weder die Ausfuhrländer noch der Hauptabnehmer Japan könnten transparent machen, wieviel der Produkte der Großtierjagd sie aus welchen Staaten wohin verschieben. Die Herkunft von Elfenbein zum Beispiel ist mit vernünftigem Aufwand nicht festzustellen.

David Brown, Sprecher der EIA, hält die Vermehrungsraten, die die drei Länder in der Hoffnung auf lukrative Geschäfte lancieren, für unglaubwürdig. Sie trügen den Wanderungen der Dickhäuter über Landesgrenzen hinweg nicht Rechnung. Herden, die in einem der Länder für gesunde Populationen sorgten, seien oft vor der Vernichtung ihres Lebensraumes oder bei Bürgerkriegen aus angrenzenden Staaten geflohen.

Jagdbefürworter sehen in den Dickhäutern eine Gefahr für das ökologische Gleichgewicht mancher Regionen. AgA und DNR meinen hingegen: „Sie reden vermeintliche Überpopulationen herbei, um wieder in das lukrative Geschäft des Tierhandels einsteigen zu können“, wettert AgA-Vorsitzender Peter. Dies gelte nicht nur für die Elefanten in Südafrika, sondern auch für Meeresschildkröten aus Kuba oder einige Wal-Arten.

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