Jünger des Heimatdichters

■ Lokalderby in der zweiten Basketball-Bundesliga: SC Rist Wedel gegen BC Johanneum ist auch das Duell zwischen Beharrlichkeit und Aufstiegsdenken

Der Namenspatron des SC Rist Wedel war ein bodenständiger Mann. Johann Rist, der 1607 in Ottensen geborene und 60 Jahre später in Wedel gestorbene Heimatdichter, widmete sich oft dem ländlichen Lebensstil. So finden sich im Oeuvre des kreativen Pfarrers neben geistlichen und weltlichen Liedern auch Schauspiele mit plattdeutschen Bauernszenen.

Die heutigen Mitglieder des SC sind zwar in der Mehrzahl keine Landwirte, seinen dörflich-familiären Charakter hat der Basketball-Verein aber nicht abgelegt – womöglich unfreiwillig. „Die Wedeler Wirtschaft nimmt keine Notiz von uns“, beklagt sich Ralf Schierenbeck, Manager der Zweitliga-Männer.

„Doch ohne Sponsoren gibt es dauerhaft keinen Spitzensport“, weiß der Mann, der auch als Hallensprecher, Sport- und Schiedsrichterwart tätig ist. Nur 150.000 Mark beträgt der Etat. Aus finanziellen Gründen verzichtete Wedel sogar schon einmal auf den Bundesliga-Aufstieg. So baut der SC, der einer Schulsport-AG des Johann-Rist-Gymnasiums entstammt, weiter auf seine gute Jugendarbeit.

Vor über 30 Jahren richteten die Sportlehrer der Oberschule eine Basketballgruppe ein. Der Zulauf wurde so groß, daß die Holsteiner sich entschlossen, einen Verein zu gründen. Um zu den Spielen nicht bis Kiel oder Flensburg reisen zu müssen, trat der neugegründete SC Rist dem Hamburger Basketball- Verband bei. In den 80ern und nach dem Bundesliga-Abstieg der HT 16 eroberten die Wedeler die führende Position in der Hansestadt.

Zur gleichen Zeit wuchs im BC Johanneum ein Konkurrent heran. Die Winterhuder, aus der Hamburger Elite-Schule Johanneum entstanden, konnten, im Gegensatz zu den Ristern, zu Beginn der 90er den kurzzeitigen Basketball-Boom – Deutschland war 1992 Europameister geworden – nutzen. Sie zogen finanzstarke Partner. Dadurch konnten die BCJ Tigers, wie sie sich heute nennen, ausländische Profis verpflichten und sich an der Zweitliga-Spitze etablieren.

Bei den Wedelern gibt es nur einen Berufsspieler, den Letten Dzintars Jaunzems. Kein Wunder bei den finanziellen Unmöglichkeiten. Zusammen mit den Jugendnationalspielern Cecil Egwuatu und Zoran Krezic ist der 31jährige Garant für das bisher überraschend gute Abschneiden. Mit 10:6-Punkten liegt Rist auf Platz vier – mit zwei Punkten Rückstand direkt hinter dem Lokalrivalen und Aufstiegs-Favoriten BCJ.

Das liege am Trainer, meint Manager Schierenbeck und lobt Dr. Ivan Vojto: „Er hat aus den alten und neuen Spielern in kurzer Zeit ein Team gemacht.“Die Erfolgsphilosophie des slowakischen Coaches, der in Moskau Basketball studiert hat, ist nachgerade simpel: Disziplin, Kampfkraft und gutes Zusammenspiel. Trotz der bisher überzeugenden Leistungen bleibt der Klassenerhalt Saisonziel. „Über den Unfall Aufstieg“, lacht Schierenbeck, „reden wir erst, wenn es soweit kommen sollte.“

Beim BCJ, Etat: 800.000 Mark, wird nur vom Aufstieg fabuliert. Sollte man jedoch zum dritten Mal scheitern, kann wirklich das passieren, was Trainer Heiner Zarnack schon bei einer Niederlage im morgigen Prestigeduell befürchtet: „Dann lacht die ganze Welt über uns.“ Thomas Schubert

SC Rist Wedel – BCJ, morgen um 20 Uhr, Sporthalle am Steinberg