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Neuer Giftberg vor dem Dorf

Schlickhügel Feldhofe soll mit grünem Segen zu einer modellierten Erholungslandschaft mutieren. GAL Bergedorf murrt  ■ Von Achim Fischer

„Hafenschlick ist Sondermüll und gehört nicht vor unsere Haustür“, wehrt sich die Bergedorfer GAL-Fraktion gegen die geplante Ausweitung des Schlickhügels Feldhofe. Auf die Hilfe ihrer grünen Kollegen in der Bürgerschaft braucht sie dabei nicht zu hoffen. Die winken zur Zeit die Planungen durch die zuständigen Gremien.

Seit Jahren lagert Hamburg in Moorfleet mit Schwermetallen belasteten Hafenschlick ab. Was Bergedorfs GAL jedoch als Sondermüll bezeichnet, heißt im Sprachgebrauch des Senats „Wirtschaftsgut“. Denn solchermaßen deklariert läßt sich die Ablagerung ganz schnell und einfach nach dem Baurecht genehmigen – anstatt nach dem sonst notwendigen strengen Umweltrecht (s. Kasten).

Jahrelang hat die Hamburger GAL gegen die wundersame Verwandlung des Mülls in Wirt-schaftsgut protestiert, erst recht, als es um eine Ausweitung des Hügels ging. Nach der derzeit geltenden Genehmigung darf das Häufchen maximal 14 Meter hoch werden. 13 Meter sind es schon, und Ende des Jahres ist das Maß voraussichtlich voll. Der bisherige SPD/Statt-Senat hatte deshalb die Aufstockung des Hügels zur 38 Meter hohen „modellierten Erholungslandschaft“im flachen Norden vorbereitet. Zu genehmigen nach dem – na? – Baurecht.

Die rot-grüne Koalition verwandelt zur Zeit die Vorlage aus rot-grauen Zeiten. Der Stadtentwicklungsausschuß hat jetzt der nötigen Änderung des Flächennutzungsplanes zugestimmt, im kommenden Monat soll der Antrag die Bürgerschaft passieren.

Antje Möller, GAL-Abfallexpertin und Fraktionschefin, weiß von der „eindeutigen Unzufriedenheit“unter Bergedorfs Grünen. Verweist aber auch auf den Koalitionsvertrag. Danach soll es bei dem einfachen Baugenehmigungsverfahren bleiben und für zwei Millionen Mark ökologische Ausgleichsmaßnahmen vorgenommen werden. Quasi als zusätzliche Auflage sind die Kriterien des Abfallrechts zu beachten. Sprich: Die Anlage wird zwar als simples Bauwerk genehmigt, tatsächlich aber mit den üblichen Umweltstandards gebaut. „Vom technischen Aufwand her wird die Anlage wie eine Deponie“, so Möller. Womit sich im Vergleich zum bisherigen Hügel nichts ändern dürfte.

„Wir haben den Schlickhügel von Anfang an wie eine Deponie gebaut, entsprechend den Anforderungen des Abfallrechtes“, versichert Karlheinz Pröpping vom Amt für Strom und Hafenbau. Das hatte der Senat schon 1984 gefordert – aus Furcht davor, daß irgendjemand die Anwendung des Abfallrechts per Gericht einklagen könnte. Die Als-Ob-Deponie nach dem einfachen Genehmigungsverfahren zu errichten, hat erhebliche Vorteile: Die Baugenehmigung läßt sich ohne öffentliche Beteiligung, viel schneller und mit geringeren Ausgleichsmaßnahmen erteilen.

Den Bergedorfer Grünen bleibt nur, Vorschläge für die „Aus-gleichsmaßnahme“zu machen.

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