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Ein permanenter Sinkflug

■ Airbus-Krise deckt Schwächen der Hamburger Industriepolitik auf / Wirtschaftspolitiker in der Hansestadt ratlos Von Florian Marten

Eine Umgehungsstraße ist versprochen, Ausbauflächen sind genehmigt, städtische Subventionen von vielen hundert Millionen Mark in den vergangenen Jahrzehnten geflossen – doch statt Ausbau muß sich Hamburgs Industrieperle Daimler-Benz Aerospace Airbus GmbH (DA) in Finkenwerder jetzt auf eine Entlassungswelle für bis zu 3000 Beschäftigte vorbereiten. Heute beraten die Betriebsräte, morgen wollen sie mit einem Widerstandskonzept an die Öffentlichkeit gehen.

Die von Daimler-Mißmanagement, Dollarschwäche und weltweiter Flugzeugsubvention verursachte Airbus-Krise erwischt Hamburgs Wirtschaftspolitik auf dem falschen Fuß. In den langfristigen Strategien der Stadtgewaltigen bildete und bildet die Luftfahrtindustrie einen Eckpfeiler der Entwicklung. Hamburg, so die Hoffnungen von Handelskammer, Erstem Bürgermeister und Wirtschaftsbehörde, sollte als Zentrale der zivilen Luftfahrtinteressen des Daimler-Konzerns an einem der größten Zukunftsmärkte der High-Tech-Metall-Industrie partizipieren.

Noch im November 1989 hatte Stadtchef Henning Voscherau nach Vollzug der größten Rüstungsfusion in der Deutschen Geschichte, der Ehe von Daimler-Benz und Messerschmitt-Bölkow-Blohm, jubiliert: „Wir haben einen guten Job gemacht.“ Daimler sollte die Gewähr für eine neue industrielle Blüte der vom Werftensterben, der Dauerkrise bei Stahl und Aluminium sowie der fehlgeschlagenen Chip-Träume angekratzten Hamburger Wirtschaft bieten. Subventionen für Airbus und Lufthansa bilden neben Hafeninvestitionen und Büroflächenoffensive den dritten Schwerpunkt hamburgischer Wirtschaftsförderung.

Zunächst deutete vieles auf Erfolg. So lobte noch 1994 die Hamburgische Landesbank die Flugzeugindustrie als „eine der expansivsten Branchen“ der hanseatischen Industrie, die sich innerhalb weniger Jahre auf einen Jahresumsatz von 2,8 Milliarden Mark und eine Exportquote von fast 90 Prozent katapultiert hatte. Allerdings hatten die Bankanalytiker mit gewohnter Seriosität bereits damals gewarnt: „Die Abhängigkeit einer so großen Branche von der Nachfrage auf einem spezifischen Markt birgt Risiken für Einkommen und Beschäftigung in der Hansestadt.“

Schon seit langem weisen Kritiker der städtischen Industriepolitik auf die Vernachlässigung kleiner Betriebe, die fehlende Förderung wirklicher Zukunftsindustrie wie Leichtfahrzeugbau oder Umwelttechnik, den Mangel an Regionalkonzepten und stärkerer wirtschaftlicher Vernetzung innerhalb und zwischen den Branchen hin. Die derzeit gute Konjunktur der traditionellen Problembranchen Aluminium und Stahl sowie der ungebrochene Dienstleistungsboom werden vorerst verhindern, daß Hamburgs industrielle Basis schlagartig wegbricht.

Ein Ersatz für die Perspektive vom „europäischen Luftfahrzentrum“ (Voscherau) ist nicht in Sicht, nachdem Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus sich im Frühjahr vergeblich bemüht hatte, die Produktion des Swatch-Autos an die Elbe zu holen. „Ungewißheit herrscht“, so jammerte kürzlich die Hamburger Handelskammer, „über die Zukunft des industriellen Standbeins.“ Die bittere Bilanz lautete schon vor der Airbuskrise: „Wertschöpfung und Beschäftigung der Hamburger Industrie befinden sich in einem permanenten Sinkflug.“ Die schlichte Forderung der Kammer: „Da muß gegengesteuert werden.“

Siehe auch Bericht auf S. 6

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