: „Ich wurde schon zweimal von Hunden gebissen“
■ Niels Martensen war einer von zweien im Tunnel der Castor-Straße von Neckarwestheim
Martensen konnte mit einem Bekannten am Donnerstag den Transport der drei Castoren vom AKW Neckarwestheim um einige Stunden aufhalten, weil sie sich unter der Strecke verschanzt hatten. Dafür hat der Norddeutsche trotz festem Wohnsitz und Arbeitsstelle nun einen Haftbefehl wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Nötigung am Hals. Der Haftrichter wollte beide zunächst in Untersuchungshaft halten. Nach Intervention der Anwälte müssen sie sich zweimal die Woche an ihrem Wohnort bei der Polizei melden.
taz: Wie konntet ihr unter der bestbewachten Straße Deutschlands einen Tunnel bauen?
Niels Martensen: Das weiß ich nicht. Wir kennen die gar nicht, die den Tunnel gebaut haben. Wir sind nur gefragt worden, ob wir da reinwollen.
Wie habt ihr euch vorbereitet?
Ich bin in England schon in solchen Tunnels gewesen. Es ging auch ganz gut. Durch den Regen die Tage vorher waren unsere Klamotten naß bis auf die Unterhose. Aber durch die Körperwärme konnten wir den kleinen Raum ganz gut aufheizen.
Ihr habt nun einigermaßen massive Anzeigen am Hals. Warum also habt ihr euch im Loch verbarrikadiert?
Es gab ein Demoverbot. Wenn ich trotzdem meine Meinung kundtun will, muß ich also zum Mittel der gewaltfreien Aktion greifen. Und diese Aktion war gewaltfrei, weil ich Leib und Leben anderer Menschen nicht gefährdet habe.
Wie habt ihr euch gefühlt, als die Polizei einen Hund in die Höhle schickte?
Da hab' ich erst mal Schiß gehabt, weil ich schon zweimal in meinem Leben von einem Hund gebissen wurde. Wir lagen jedoch gerade mit den Füßen zum engen Tunnelausgang. Die Schuhe blockierten also den Ausgang, der Hund kam nicht weiter.
Und wie hat euch das Eingreifkommando rausgekriegt?
Die SEK-Leute haben schließlich ein Seil um meine Füße gewickelt und draußen zu sechst daran gezogen. Ich steckte mit den Händen in einem Betonklotz mit eingebauten Plastikrohren und einer Schlinge. Ich habe die ganze Zeit geschrien, aber die zogen weiter. Durch die körperliche Gewalt mußte ich aufgeben. Wir dachten vorher nicht, daß die so weit gehen, uns auch die Hände zu brechen.
Würdet ihr die Beamten des SEK wiedererkennen?
Nein, die hatten alle schwarze Masken auf dem Kopf. Auch diejenigen SEKler, die meinen Bekannten aus dem Betonklotz gemeißelt haben, so daß er Schnittwunden an den Armen hat. Interview: Reiner Metzger
Prozeßkostenhilfe: Spendenkonto Wirth, Kto. 1281474286, Hamburger Sparkasse, BLZ 20050550
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