: Anspruch auf wirtschaftliches Vorgehen
■ betr.: „Steife Brise in Aachen“, taz vom 29./30.8.98
Einseitig und teilweise wahrheitswidrig ist der Beitrag über die Förderung der Windkraft in Aachen. [...]
Fangen wir beim vielzitierten und (erfreulicherweise) vielfach nachgeahmten Aachener Modell der kostengerechten Vergütung für Wind- und Solarstrom an. Kostengerecht heißt eben nicht – wie der oft zitierte Norbert Hürkamp womöglich meint –, daß clevere Investoren mit Hilfe der Stadt ein Geschäft machen sollen. Es bedeutet nicht mehr, aber auch nicht weniger, als daß die tatsächlichen Bau- und Betriebskosten einschließlich einer angemessenen Verzinsung gedeckt werden.
Angesichts der Millionenbeträge, um die es beim Aachener Windpark geht (neun Anlagen zu je 1,5 MW), haben die Stadt beziehungsweise ihre Energieversorgungsunternehmen doch wohl Anspruch auf wirtschaftliches Vorgehen und belegbare Kosten. Deshalb erfolgt eine Einzelfallkalkulation, die natürlich auch das Windpotential, also die Erträge, einschließt. Da in Aachens Nordwesten überraschend starke Winde wehen, ergibt sich zwangsläufig ein relativ günstiger Kilowattstundenpreis.
Richtig ist, daß das Aachener Berechnungsverfahren niedrigere Zinsen ansetzt als die Strompreisaufsicht in Düsseldorf für zulässig hält. Aachen orientiert sich eben an den aktuellen Tatsachen (das Zinsniveau ist ausgesprochen günstig) und nicht an Daten vergangener Jahre oder gar an den Renditeerwartungen der Investoren.
Falsch ist die Unterstellung, daß die (vorerst) neun Aachener Windkraftstandorte den Energieversorgern vorbehalten blieben und private Betreiber „kaltgestellt“ werden sollen. Ein Standort ist ohnehin in Privateigentum, und zwei andere sind Privaten reserviert worden: einer der von besagtem Norbert Hürkamp vertretenen Bürgerwindrad-Initiative und ein anderer einem gemeinnützigen Verein, dessen Geschäftsführer meines Wissens auch dem Wind e.V. angehört. Es bleibt abzuwarten, wann dort gebaut wird. Die bereits fertiggestellte Anlage hat ein städtischer Energieversorger errichtet, die weiteren sechs Anlagen sollen zwar unter Federführung der Stadtwerke, aber finanziert durch BürgerInnen der Stadt und der Region entstehen.
Völlig falsch ist die Behauptung, daß zwei Landwirte mit ihren Windkraftplänen im „windhöffigen“ Aachener Süden am städtischen Widerstand gescheitert seien. Abgesehen von der Tatsache, daß die beantragten Standorte planungsrechtlich nicht genehmigungsfähig sind, so lagen sie auch noch im zweitschlechtesten Bereich der Aachener Windpotentialkarte. Wären sie gebaut und nach dem Aachener Modell vergütet worden, so hätten sie erheblich mehr der nur begrenzt verfügbaren Fördermittel gebunden als Anlagen an geeigneteren Standorten. Das wäre ein schlechter Dienst für die erneuerbaren Energien gewesen. Heiner Jüttner, Beigeordneter,
Stadt Aachen – Dezernat für
Umwelt und Wohnen
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