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Öl korrumpiert überall da, wo es vorkommt

betr.: „Sinnloses Stopfen von Schlupflöchern“ von Mohssen Massarat, taz vom 14.11.98

[...] Einen weltfremderen Beitrag zum internationalen Klimaschutz habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Ausgerechnet die Ölproduzenten sollen nun die Verantwortung für den Klimaschutz übernehmen. Damit würde endgültig der Bock zum Gärtner gemacht. Der Widerstand der USA gegen wirksame Klimaschutzpolitik wird nur noch von der Opec übertroffen. Das Gejammer der Opec über die ach so schlimmen Einnahmeausfälle durch Klimaschutz und ihre eng damit korrespondierende Sabotagepolitik hier kann ich offen gesagt nicht mehr hören. Schon in Kioto forderten Kuwait und die Saudis Kompensationszahlungen (!) der Industrieländer für die befürchteten Einnahmeausfälle der Ölstaaten durch Klimaschutz. Die passende Antwort dafür hatte der polnische Vertreter: Obwohl Polen noch nicht einmal das halbe BSP pro Kopf wie die Golfstaaten hat und eine bedeutend niedrigeren Pro-Kopf-Treibhausgasausstoß, übernimmt es Reduktionsverpflichtungen, während die Saudis sich als bettelarmes Entwicklungsland hinstellen und Kompensationszahlungen wollen. Das sei ja wohl pervers.

Recht hatte er. Es gibt so gut wie kein ölproduzierendes Land, dessen herrschende Eliten auf die Idee gekommen wären, ihre Öleinnahmen gerecht zu verteilen und für eine nachhaltige Entwicklung zu investieren. Im Gegenteil: Öl korrumpiert überall da, wo es vorkommt, und führt immer wieder zu neuen Kriegen über seine Kontrolle. Kuwait, Irak, Nigeria, Libyen, Kaukasus, Saudi-Arabien, Indonesien, Venezuela usw. – überall bereichern sich kleine Eliten mit dem Ölgeld und spielen hier den Klimasaboteur. Noch nicht einmal zu einem funktionierenden Kartell sind sie vor lauter Geldgier in der Lage, jeder will lieber heute alles verprassen als sinnvoll in die Zukunft investieren. Zu glauben, daß diese Leute plötzlich auf die Idee kämen, im Interesse des Klimaschutzes die Ölproduktion zu drosseln, ist mehr als naiv.

Entweder es gelingt, die Nachfrage zu drosseln, oder wir landen kollektiv im Treibhaus. Gegenüber Emissionsrechtehandel ist in der Tat große Skepsis angebracht, eine ernstzunehmende Energiesteuer, die nicht Kohle, Öl und Erneuerbare gleich behandelt, wie es die SPD vorhat, könnte schon viel bewirken. Hier ist in der Tat Druck auf die Industrieländer angebracht. Jürgen Maier, Forum Umwelt & Entwicklung, zur Zeit Buenos Aires

„Die KurdInnen stört das nicht“

betr.: „PKK-Boß Öcalan in Rom außer Gefecht“ u.a.,

taz vom 14.11.98

Ein wahres Trommelfeuer schießt Jürgen Gottschlich aus Istanbul mit seinen vier Artikeln ab, um die Festnahme Abdullah Öcalans in Rom zu feiern.

„PKK-Boß“ in der Schlagzeile soll wohl wie „Gangsterboß“ klingen (hat er Tansu Çiller, die wegen ihrer Mafia-Verstrickung zurücktreten mußte, oder Mesut Yilmaz, der gleichermaßen kurz davor zu stehen scheint, schon einmal so genannt?), und man verletzt wie zufällig die Gefühle immerhin eines Großteils des kurdischen Volkes. In der Bildunterschrift heißt die PKK, ganz nach der offiziellen türkischen Sprachregelung, „separatistisch“ (hat Herr Gottschlich schon einmal davon gehört, daß sie einen Autonomiestatus für Kurdistan anstrebt?), später im Text „terroristisch“ (hat er vielleicht mitgezählt, der wievielte einseitig proklamierte Waffenstillstand der PKK gerade wieder mit einer Armeeoffensive beantwortet wird?).

Vor allem sollen die vier Artikel offenbar einen Eindruck festklopfen: „Die PKK ist am Ende“. Das behaupten die türkischen Regierungen seit vielen Jahren, und jedesmal wird es von einem Teil der deutschen Medien – ob aus Faulheit oder Interesse, sei einmal dahingestellt – nachgebetet. Die KurdInnen stört das nicht. Sie wissen es besser und lassen sich von ihrem wahrhaft grenzenlosen Optimismus nicht abbringen. [...] Ulrike und Günther Böhm, Hilden

Kriminelle nach Bayern abschieben

betr.: „,Mehmet‘ wird abgeschoben“, taz vom 14./15.11.98

Der Innenminister des „Frei“staates Bayern sieht durch einen kriminellen 14jährigen, der noch dazu in Untersuchungshaft sitzt, die innere Sicherheit seines Landes gefährdet und will ihn daher straflos in ein Land abschieben, mit dem ihn außer seinem Paß nichts verbindet. Mein Vorschlag: In Zukunft werden alle straffällig gewordenen Bundesbürger, denen man bayerische Großeltern nachweisen kann, umgehend nach ihrer Verurteilung nach Bayern abgeschoben, damit ihnen dort in Gestalt von Stoiber, Beckstein, Uhl und Co. die gerechte Strafe widerfährt. Stephan Trapp, Düsseldorf

Was sie tun, haben sie bleibenzulassen

betr.: „Soldaten ohne Auftrag“ (Fremdenhaß und seine Symbolik...), taz vom 17.11.98

[...] Warum sagt man mir etwas, was ich schon im Sandkasten beobachten konnte, mit einem so bedeutungsschwangeren Ton? Ich weiß, daß es Mob gibt und daß er wieder einmal Oberwasser hat. Es gibt Leute, die der Auffassung sind, daß dieser Erdteil eine ganze Weile aushalten mußte, bis er eine den Menschen gerechte, solidarische Verfassung bekam, und daß die Bestialität mitsamt Macht- und Allmachtträumen in einer Gesellschaft gleich wertvoller Menschen nichts verloren hat. Es gibt Motive für Gewalt und solche für Verträglichkeit. Zu letzteren gehört gute Erfahrung, aber auch Angst vor Strafe und Polizei.

So setze man den Soldaten ohne Auftrag – wie es in Bosnien hätte geschehen müssen – den Auftrag des Königs Verfassung an seine BeamtInnen und Beamten entgegen und dem Herrenbewußtsein der lustigen Vatertags-Lynch-Party den Ernst der Solidarität unter Menschen. Was die dort fühlen, sollen sie fühlen. Kein Interesse an Gehirnwäsche. Aber das was sie tun, haben sie – jedenfalls hier – bleiben zu lassen. Klaus Wachowski, Alzey

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die auf dieser Seite erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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