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Glückliches Erwachen aus einem schweren Rausch

■ Neu-Trainer Rainer Bonhof ermöglicht Mönchengladbachs 3:1 über den SC Freiburg, indem er den Profis des Bundesligaletzten völlig neue Einsichten in die Feinheiten des Fußballs eröffnet

Mönchengladbach (taz) – Es gibt Trainerwechsel, deren Funktion ist der Wechsel an sich. Neuer Trainer, neues Glück. Der Trainerwechsel bei Borussia Mönchengladbach hat eine ganz andere Qualität. Der neue Chef heißt Rainer Bonhof und eröffnet dem Kader vormals völlig unbekannte Einsichten in die Feinheiten des Fußballspiels. Weil diese Lektionen gleich bei Bonhofs Heimpremiere gegen den SC Freiburg mit einem 3:1 den zweiten Saisonsieg einbrachten, sprachen die Spieler auch gern und eifrig über ihre frisch erworbenen Erkenntnisse.

Der Manndecker Thomas Eichin beispielsweise: „Es wird sehr konzentriert trainiert. Jeder weiß, was er zu tun hat.“ Kollege Peter Wynhoff verweist darauf, daß im Training „diszipliniert“ gearbeitet werde, unter anderem „taktisch“. Karlheinz Pflipsen weiß zu berichten, Bonhof lege „Wert auf eine gewisse Ordnung“. „Von außen“, also wohl von Zuschauenden, war Pflipsen informiert worden, bis vor kurzem sei ein „Mangel an Ordnung“ zu beobachten gewesen. Außerdem hat Bonhof den Spielern erläutert, verrät Pflipsen noch, daß es von Vorteil ist, nicht „zu weit vom Gegner weg“, sondern „nah am Mann zu sein“. Man kann zusammenfassen: Rainer Bonhof (46) hat diese Männer aus einem monatelangen, orientierungslosen Rausch erlöst. Und gegen Freiburg war zu sehen, daß sich die Spieler richtig anstrengen, jetzt, wo ihnen endlich mal jemand sagt, was im Fußball sinnvoll ist. Allerdings half der Gegner nach Kräften mit, den frischen Gladbacher Eifer nicht gleich wieder zunichte zu machen. Da die Freiburger bereits in der 4. Minute in Führung gegangen waren, war ihr passives und ideenloses Spiel besonders verwunderlich. Bonhof aber bescherte der frühe Rückstand im Rückblick die glücklichste Einsicht des Abends: „Die Mannschaft hat danach nicht aufgegeben. Sie hat erkannt: Man kann nur mit Moral und Einsatz gewinnen.“ Sie kämpfte also, sie dominierte zweikampffreudig das Mittelfeld, sie hatte ein paar Torchancen – und „ein bißchen Glück“ (Bonhof).

Auf dem Weg zur vierten Freiburger Niederlage in Folge vergab Hermel einen Foulelfmeter, Pavlin schoß an den Pfosten, und auf der anderen Seite lenkte Polster einen Fernschuß von Wynhoff ins Tor. Deshalb endete das Spiel 3:1. Ein „schönes Gefühl“, strahlten Pflipsen und Wynhoff um die Wette. Mit ihren nun neun Punkten wollen sie jetzt aber nicht übermütig werden. Der Trainer sagt streng: „Der Ist-Zustand ist weiter schlecht.“ Wynhoff greift auf: „Wir haben nichts zu feiern, wir sind letzter.“ Und Pflipsen vollendet: „Wir müssen hart arbeiten.“ Wenn sie dabei weiter so viel lernen, ist harte Arbeit natürlich ein echtes Vergnügen. Katrin Weber-Klüver

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