Trailer läuft schon, jetzt fehlt nur noch der Film

■ Albrecht Flieger stellt gerade in Hamburg einen Science-fiction-Knaller vor, den es noch gar nicht gibt

Eigentlich wirkt Albrecht Flieger gar nicht gaga, wenn er im legeren Künstlersakko in der Westwerk-Galerie sitzt und über seine Filmpläne plaudert. Alle zehn Minuten drückt im ersten Stock jemand auf die Klospülung, Wasser donnert die Leitung runter, und der 41jährige Berliner Künstler erzählt munter weiter von seinem groß angelegten Science-fiction-Film Hernandez Dohm – Der Kampf ums IR. Das Besondere daran: Den Film gibt es noch nicht, und vielleicht wird es ihn auch nie geben. In der Presse hat er aber schon tüchtig Furore gemacht.

Ein Filmemacher, der in keine Schublade paßt, oder nur ein brillanter Scharlatan, der die Wichtignehmer von Film und Medien mal so richtig schön verarscht? Man weiß nicht, wo man Flieger einordnen soll, wenn er zu einem Vortrag über den Verlust der Romantik in der Malerei ansetzt, den Ort der großen Sehnsüchte im Hollywood-Kino ausmacht und schließlich nichts Geringeres verkündet als: „Ich hole das narrative Element in den deutschen Film zurück!“

Auf diese Weise hat Flieger es immerhin schon bis zu Standfotos und Vorfilm gebracht und dabei gezeigt, daß er wenigstens die hohe Kunst der Täuschung wunderbar beherrscht. Da erbat sich Flieger eine Touristen-Fotografiererlaubnis bei der Verwaltung der Babelsberger Filmstudios, bekam sie, und weil bekanntlich nichts mehr Eindruck schindet als ein offiziöser Stempel und sich zudem die Techniker und Requisiteure gerade langweilten, hatte er keine Probleme, an das nötige Equipment heranzukommen. Eine Nacht verbrachte er mit 30 SchauspielerInnen in den Studios und fertigte vor den angestaubten Pappmaché- Kulissen der untergegangenen Defa-Herrlichkeit die Standfotos an.

Zwei Jahre später brauchte er dann nur noch den Trailer (mit Hans-Peter Hallwachs als Hauptdarsteller) zu drehen, und die Umkehrung des normalen Produktionsablaufes war perfekt. Jetzt fehlt nur noch der Hauptfilm. Das Drehbuch hat Flieger immerhin schon geschrieben, und es ist so bizarr wie alles an diesem Projekt.

Hernandez Dohm ist ein argentinischer Unternehmer deutscher Abstammung, der die Wiedervereinigung verschlafen hat und einige entscheidende Jahre zu spät nach Berlin fährt, um Alteigentümerrechte auf das Haus seiner Großeltern anzumelden. Inzwischen aber herrschen in der Stadt die „Repräsentanten“ (irgendwie wohl die Bösewichte), die in Hernandez Dohm ein potentiellen Untergrundkämpfer ausmachen.

Das hört sich gehörig an wie Kitsch – und ist es auch. Aber Albrecht Flieger findet das gar nicht so schlimm: „Es soll ruhig trashig wirken.“ Und wenn er dann weiterschwärmt von all den glücklichen Zufällen, die ihm geholfen haben, und den ersten zarten Kontakten mit Produzenten, da glaubt man ihm fast, daß er dran glaubt, an den Film seines Lebens.

Oliver Fischer

Morgen um 12 Uhr wird der Trailer im Passage-Kino vorgestellt, er läuft ab Montag im Holi, Neuen Cinema und in der Passage. Zugleich gibt es eine Ausstellung der Setfotografien in der Westwerk-Galerie, Admiralitätstr. 74.