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Was soll das Ganze also?

betr.: „Neue Suche nach dem grünen Leuchten“, taz vom 9. 8. 99

[...] Der angeblich neue Ansatz, Lagergrenzen überschreiten und das Interpretationsmonopol der Realos brechen zu wollen, wirkt nicht nur unbeholfen, sondern ist schlicht absurd, da es offensichtlich nur noch ein Lager gibt. Das Lager derjenigen, die den Gründungsideen der Grünen treu geblieben sind, die für eine konsequente Umweltpolitik eingetreten sind, die in der Politik der Gewaltfreiheit eine praktische Alternative zu Krieg und Brutalität gesehen haben, die Frauenrechte ohne verwässernde Kompromisse durchsetzen wollten – um nur diese Beispiele des früheren Grundkonsenses der Grünen zu benennen – existiert doch gar nicht mehr oder allenfalls in Rudimenten. Es ist aus der Partei gemobbt, gekungelt und geekelt, allenfalls auf die Nachrückerplätze der Listen verbannt worden. Dabei wurde ganze Arbeit geleistet, auch von denen, die jetzt zum „lagerübergreifenden“ Strategiekongress laden und nichts anderes als hartgesottene Realos sind.

[...] Das jetzt allein dominierende Lager der angeblichen Realpolitiker wollte nie wahrhaben, welche erstaunlichen, in der Tat wahrhaft realpolitischen Erfolge die Partei seit ihrer Gründung alleine aus der Opposition in Bund und Ländern zu verzeichnen hatte. Es war schon immer der Droge der Macht verfallen. Leider ist niemand in Sicht, der die nötige Entziehungskur verordnet. Ein Aufstand, der nicht dort ansetzt, wird im Schatten des Bundesaußenministers schnell verschwinden. [...] Jürgen Rochlitz, Ex-Grünen-MdB

Da lädt Ralf Fücks von ihm ausgewählte (!) grüne PolitikerInnen zu einem Strategiegipfel ein und verkündet, dass dort „strömungsübergreifend“ eine Strategie zur Bewältigung der Krise der Partei gefunden werde solle. Dabei verschweigt er dann allerdings, dass dieses Projekt schon deshalb zum Scheitern verurteilt ist, weil er nur führende Köpfe der Realos (und ein paar Pseudo-Linke) aber keine ausgewiesenen VertreterInnen der Parteilinken eingeladen hat. Was soll das Ganze also? Unter dem Deckmantel der Flügellosigkeit wollen die Realos die Partei endgültig in die von ihnen gewünschten Bahnen (und damit in die politische Bedeutungslosigkeit) lenken und die Parteilinke ausgrenzen. Das gilt es zu verhindern! Marco Rieckmann, Mitglied des Landesvorstandes der Grünen Jugend Niedersachsen

betr.: „Die linken Grünen sind misstrauisch“, taz vom 10. 8. 99

Ralf Fücks lädt ein Dutzend grüne Politiker zu einem Treffen, um über die Zukunft einer Partei zu diskutieren, die bei den vergangenen Wahlen sukzessive Stimmen verloren hat. Man sollte meinen, dass so etwas mit Beifall bedacht, bevor es Resultate gibt aber mindestens neutral gewertet wird. Kerstin Müller, Claudia Roth und Christian Ströbele finden das Ganze erst einmal schlecht. Sie zitierten „ökologischen Umbau“, „Demokratisierung der Gesellschaft“, „Zivilisierung der Außenpolitik“ als „die“ grünen Themen und ordnen diese vordergründig links ein. Sie suggerieren, dass das Bereiche sind, von denen andere nichts verstehen. Könnte es nicht sein, dass das Fücks-Treffen exakt zu diesen Themen Lösungsansätze liefert und nicht nur Sprechblasen? Wir wissen es nicht, denn der Zirkel trifft sich ja erst noch. Doch für die sogenannten Linken ist längst klar: „Was nicht sein darf, das nicht sein kann!“ [...] Eugen Schlachter, Maselheim

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die auf dieser Seite erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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