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Das Unschuldslamm

Henri Konan Bédié, gestürzter Präsident der Elfenbeinküste, fühlt sich im Pariser Exil trotz internationalem Haftbefehl vor Verfolgung recht sicher

Er weiß von nichts. Geheimkonten in der Schweiz? „Falsch.“ Der in seinem Heimatland ausgestellte Haftbefehl gegen ihn? „Versuche, mich zu destabilisieren.“ Henri Konan Bédié, Ex-Präsident der Elfenbeinküste im Pariser Exil, hat ein reines Gewissen. Und sicher fühlt er sich auch. Ein Richter der Elfenbeinküste hat zwar einen internationalen Haftbefehl gegen ihn erlassen. Aber sein Asylland Frankreich denkt nicht daran, etwas zu unternehmen. Man habe von der Elfenbeinküste keinen Auslieferungsantrag erhalten, so die offizielle Position. Das ist richtig, gilt aber nicht. Internationale Haftbefehle werden von Interpol verbreitet und sind ohne Auslieferungsantrag weltweit gültig.

Der Vorwurf gegen Bédié, der im Dezember 1999 nach sechs Jahren an der Macht vom Militär der Elfenbeinküste gestürzt wurde, lautet „Unterschlagung öffentlicher Gelder“. Gemeinsam mit seiner Frau und seinem Finanzminister soll er Milliardensummen beiseite geschafft haben. Die neue Militärregierung der Elfenbeinküste geht mit harten juristischen Mitteln gegen korrupte Angehörige der entmachteten Nomenklatura vor. Mehrere Ex-Minister wurden verhaftet, mehrere Schweizer Konten Bédiés und seines Umfelds bereits gesperrt.

Vor kurzem besuchte der neue Staatschef General Robert Guei die Paläste, die sich Bédié in seinem Geburtsort hatte errichten lassen, und versprach vor laufenden Kameras Konsequenzen. Nun geht es dem Ex-Präsidenten an den Kragen. Der Haftbefehl soll erst einmal verhindern, dass die Schweiz die gesperrten Konten wieder freigibt.

Es wäre nicht schwer, Bédié zu verhaften. Seine Adresse lautet: 1, rue de Beethoven, 75016 Paris. Französische Soldaten hatten ihn während des Putsches zu Weihnachten 1999 ausgeflogen – zunächst nach Togo, dann nach Frankreich, ausgestattet mit einem Touristenvisum und einem togoischen Diplomatenpass. Das Visum muss er regelmäßig erneuern. Das soll verhindern, dass er auf dumme Gedanken kommt.

Als Bédié unlängst versuchte, kroatische Söldner zu rekrutieren, um sich zurück an die Macht zu putschen, drohte man ihm mit Rausschmiss. Er aber sieht sich, so jedenfalls wird in französischen Medien berichtet, als westafrikanischer Chomeini, der Kassetten mit Aufnahmen seiner Reden in die Heimat schickt, ausgewählte Claqueure bezahlt und von der glorreichen Rückkehr träumt. So will der zu Hause verachtete Flüchtling bei den Präsidentschaftswahlen im September erneut kandidieren. Es reicht ihm, dass er allein vom Sieg überzeugt ist. DOMINIC JOHNSON

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