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überstundenZu viel Zeit für manche

An der Bar sitzt ein Pärchen um die 30. Um elf beginnen sie zu streiten. „Ich würde nie einen 40-Stunden-Job machen“, sagt sie vorwurfsvoll. „Ich wär’ froh, wenn ich einen hätte“, erwidert er. Es dauert, bis man die Szene kapiert: Der Mann ist nicht arbeitslos – im Gegenteil.

Kommentar von RICHARD ROTHER

Knapp zwei Milliarden Überstunden werden jährlich in Deutschland geschrubbt, in Berlin rund 150 Millionen. Viel Zeit, für die jeder bessere Verwendung hätte, als sie am Fließband oder Bildschirm zu verbringen: zum Beispiel Schnäppchen suchen, Freunden zuhören, Werbung glotzen, Hunde ausführen, im Netz surfen, Currywurst essen, Nachbarn beobachten.

Aber für die beliebten Freizeitbeschäftigungen ist die knappeste aller Ressourcen aufgebraucht: Zeit. Stattdessen heißt es: Arbeit, Arbeit, Arbeit! Zumindest für die Berliner, die noch einen Job haben. Bei den anderen heißt es: Ausschlafen, ausschlafen, ausschlafen! Neidisch sind alle: Die einen haben relativ viel Geld und wenig Zeit, die anderen viel Zeit und wenig Geld. Kein Wunder, dass sich das Pärchen weiter streitet.

Ungerecht sei das, und man müsse alles – Arbeit, Geld und Zeit – nur besser verteilen, fordern die Gewerkschaften, denen der Feierabend heilig ist. Dass das in der Realität nur schwer funktioniert, wissen sie.

So sorgt das Thema für endlose Debatten. Außer in der Realität an der Bar. Um zwölf hat das Pärchen zwar auch noch keinen Ausweg gefunden. Aber die Diskussion endet. Sie gehen – denn der Mann muss morgen „etwas früher“ im Büro sein.

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