Trabi soll Ausbildung retten

Knapp 30.000 Jugendliche in der Region suchen noch einen Ausbildungsplatz. Betriebliche Lehrstellen sind weiter Mangelware. DGB setzt auf „Trabi“-Modell: Ein Jahr Schule, zwei Jahre Betrieb

von RICHARD ROTHER

Wenige Wochen vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres suchen in der Region noch immer knapp 30.000 Jugendliche eine Lehrstelle. Der zuständige Staatssekretär in der Arbeitsverwaltung, Klaus Theo Schröder, bezeichnete die Situation auf dem Berliner Ausbildungsmarkt als „höchst bedenklich“. Es sei zu befürchten, dass die Ausbildungslücke erst bis Ende des Jahres geschlossen werden könne, so Schröder. In Berlin streiten sich, statistisch gesehen, zwei Jugendliche um einen Ausbildungsplatz; in Brandenburg ist die Quote noch ungünstiger.

„Die Situation ist dramatisch wie immer“, erklärte gestern DGB-Landesvize Bernd Rissmann. Er fordert daher ein neues, „triales“ Ausbildungsmodell („Trabi“). Im Unterschied zu rein betrieblichen oder rein staatlichen Ausbildungsstellen sollen bei Trabi beide Seiten gemeinsam ins Boot. Der Vorteil für den Staat: Mit der gleichen Menge Geld, die für die außerbetrieblichen Lehrstellen ausgeben wird, könnten fast doppelt so viele Lehrstellen geschaffen werden.

Ende Juli waren bei den Arbeitsämtern in der Region 28.600 Jugendliche noch nicht vermittelt. Das entspricht einer Zunahme von 300 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In Berlin suchen noch 11.500 Jugendliche einen Ausbildungsplatz.

Trotz Zusagen der Wirtschaft beim „Bündnis für Arbeit“, mehr Ausbildungsstellen zur Verfügung zu stellen, hat sich das Angebot betrieblicher Ausbildungsplätze nur leicht erhöht. Innerhalb eines Jahres stieg das Angebot gerade mal um 200 Stellen auf 11.700. DGB-Vize Rissmann: „Das ist viel zu wenig.“ Das Ausbildungspotenzial in den Betrieben sei noch groß, kritisierte Staatsekretär Schröder. Laut Senatsumfrage stellen nur gut die Hälfte der ausbildungsberechtigten Betriebe Lehrlinge ein. Da sei „noch Luft“, so Schröder.

Die soll auch das DGB-Modell nutzen. Trabi funktioniert so: Der Auszubildende würde nach einer ein- bis dreimonatigen Eingliederungsphase im Betrieb eine elf Monate lange Grundausbildung bei einem außerbetrieblichen Träger erhalten. Ab dem zweiten Lehrjahr käme er wieder in den Betrieb. Erst dann übernimmt das Unternehmen die Ausbildungskosten. Vorteil: der vorgebildete Azubi kann bereits produktiv im praktischen Bereich eingesetzt werden.

Dieses Verfahren hätte auch für die Berufsschulen Vorteile: Durch die Zunahme an betrieblichen Ausbildungsverträgen würden die so genannten vollzeitschulischen Maßnahmen abgebaut. Damit würden die Berufsschulen entlastet, Stundenausfälle könnten reduziert werden.

Die Gewerkschafter haben ihr Modell bereits bei den Landesausbildungskonferenzen in Berlin und Brandenburg vorgestellt. Ein Pilotversuch könne bereits im Oktober im Wissenschaftszentrum Adlershof gestartet werden, sagte Rissmann. Mehrere Betriebe hätten sich schon nach dem neuen Modell erkundigt. Insgesamt sei die Resonanz aber noch zögerlich. Mittelfristig solle mit Trabi eine Umstrukturierung der staatlichen Fördermittel und eine deutliche Steigerung der betrieblichen Ausbildungsplätze erreicht werden.

Jährlich werden etwa 110 Millionen Mark zur Ausbildungsförderung in Berlin ausgegeben. Die Mittel kommen vom Bund, vom Europäischen Sozialfonds (ESF) und vom Land.