: Ost bleibt Ost
Sozialreport zu den neuen Bundesländern: Zwei Drittel sind zufrieden. Arbeitslose und Ältere mit wenig Hoffnung
BERLIN taz ■ Viel mehr Ostdeutsche als noch vor zehn Jahren sind zufrieden mit ihrem Leben.
Vergleicht man die Zahlen allerdings mit dem vergangenen Jahr, so zeigt sich, dass die Zufriedenheit nicht weiter zunimmt. Wie wohl sich die Menschen fühlen, hängt dabei vor allem vom Erwerbsstatus ab: Unter den Erwerbstätigen sind zwei Drittel mit ihrem Leben zufrieden, bei den Arbeitslosen hingegen nur ein Viertel. Dies ergab der jüngste Sozialreport zur Lage in den neuen Bundesländern.
Im Rahmen des Reports befragten Forscher des Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums (SFZ) Berlin-Brandenburg rund 1.400 Erwachsene in den neuen Ländern und Ostberlin nach ihrer Befindlichkeit und verglichen die Zahlen mit früheren Daten. Das Ergebnis: Während sich 1990 nur ein Drittel der Ostdeutschen wohl fühlte, waren es in diesem Jahr 58 Prozent.
Viel hängt dabei von der wirtschaftlichen Situation ab. Nur 20 Prozent gingen jedoch davon aus, dass sich ihre wirtschaftliche Situation bis zum Jahre 2005 verbessern wird. 17 Prozent erwarteten eine Verschlechterung. Darunter waren überdurchschnittlich viele Arbeitslose und 45- bis 59-Jährige, die für sich wenig Chancen auf dem Jobmarkt sahen.
Im Unterschied zum moderaten wirtschaftlichen Optimismus bewerteten die Befragten die Entwicklung der Ost-West-Verhältnisse jedoch sehr kritisch. Immerhin 68 Prozent erklärten, sie möchten weder die DDR wiederhaben, noch fühlten sie sich in der Bundesrepublik so richtig wohl. Insgesamt 63 Prozent gaben an, sich in der Bundesrepublik „noch etwas“ oder sogar „sehr fremd“ zu fühlen. Wer wirtschaftlichen Erfolg hatte oder zumindest darauf hoffen konnte, fühlte sich dabei eher der Bundesrepublik zugehörig als Arbeitslose oder Rentner, erklärte Gunnar Winkler, Geschäftsführer des SFZ.
Wackelig ist auch die Verbindung zu den Institutionen: Die Bürger in den neuen Bundesländern fühlten sich vor allem ihren Gemeinden/Kommunen verbunden, und als Ostdeutsche und empfänden sich erst in zweiter Linie als Bürger ihres jeweiligen Bundeslandes, so Winkler.
Die Verbundenheit mit der Bundesrepubik ist noch geringer ausgeprägt. Ganz allgemein sind die Ostdeutschen enttäuscht über die Mitwirkungsmöglichkeiten des Einzelnen bei politischen Entscheidungen.
Die Ablehnung von Ausländern ist im Vergleich zu 1992 kaum zurückgegangen. 46 Prozent der Befragten meinten, in Deutschland lebten zu viele Ausländer. 37 Prozent erklärten, Ausländer verschärften die sozialen Probleme.
Besonders Arbeitslose waren wenig bereit, Ausländer zu akzeptieren. Allerdings haben Jüngere eine freundlichere Haltung als die Älteren, so Winkler. Das lasse für die Zukunft hoffen.
BARBARA DRIBBUSCH
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