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ex und pop (18): globalspaßarten

von DIETRICH ZUR NEDDEN

Medaillen für deutsche Mitmacher statt im Schießen und Ringen ausgerechnet im Windsurfen und Beach-Volleyball, in zwei dermaßen jugendlich-frischen, das Leben am Strand strukturierenden Globalspaßsportarten, beweisen letztlich doch eines: Das seit zehn Jahren wieder enorm große Deutschland ist weltoffen, locker, entspannt, genussfreudig, weiß nicht nur, wie Savoir-vivre geschrieben wird, sondern auch, wie es geht. So zeigen wir uns gern der Welt gegenüber, und entsprechend begab ich mich in die Karstadt-Funsporthalle auf dem Weltausstellungsgelände, um zu überprüfen, ob die jüngeren Jugendlichen denn dranbleiben und am Projekt „spaßorientiertes Deutschland“ weiterarbeiten.

Naja. Sie geben sich Mühe, was nicht immer einfach ist, zum Beispiel wenn man in einer Messehalle geradewegs auf eine OutdoorArea trifft (nur echt mit Binnenmajuskel). Das Ausleihen der Skateboards, Basketbälle, Mountainbikes etc. ist kostenlos, nur Namen und Adresse verlangt Karstadt, so dass sich „der Entleiher“ mit der „Speicherung der personenbezogenen Daten und deren weiterer Nutzung durch den Veranstalter einverstanden“ erklären muss. Warum auch nicht?

Neben den Kindern und Jugendlichen, die offenbar am zweitliebsten irgendwo ausruhen, um bei einer Marlboro Lights SMS-Botschaften an die Kollegen zwei Meter weiter zu schicken, prägen tagsüber Mitglieder der anderen Altersgruppe, die ewig und drei Tage vernachlässigt wird, das Erscheinungsbild der Expo, unsere Senioren. Mitten unter ihnen geriet ich in den österreichischen Pavillon in Halle 14. Die Nachbarn zu besuchen, dachte ich, muss wieder erlaubt sein, nachdem die EU die Sanktionen überraschenderweise aufgehoben hat. Großer Beliebheit erfreut sich eine dem „Relaxen“ gewidmete Hochebene unterm Dach. Zu Hunderten flezen sich die Besucher auf den pflaumenweichen Teppichboden und die physiognomisch geformten Polster, schauen bei zeitlupenhafter TripHop-Musik auf Großprojektionen bildschöner österreichischer Landschaften. Wie von ungefähr kam mir der sehr späte Edward G. Robinson in der Schlusssequenz von „Soylent Green“ in den Sinn. Alles wird gut.

Wieder unten wollte ich das Etablissement schon verlassen, besann mich aber, kehrte um und frug die Frau am Informationstresen, ob sie denn hier von den EU-Sanktionen etwas gemerkt habe, Haider und so, was denn die Besucher ...? „Och nein“, sagte sie, „eigentlich war nichts Besonderes in der Zeit.“ Ganz im Gegenteil habe sie Sätze gehört wie: „Haben Sie ein Glück, dass Sie den Haider haben!“ Bevor ich den Vorschlag loswerden konnte, diese Bemerkung sei doch mit dem Hinweis zu kontern, dass Deutschland ja Schily habe, fügte sie noch erstaunt hinzu, Beschwerden habe es eigentlich nur über die Autobahngebühr in Österreich gegeben. Das beruhigte mich dann gewissermaßen wieder: Die Deutschen behalten jenseits des Spaßhabens und Relaxens das Wichtigste, ihr Auto, die Autobahnen und womöglich den, der sie gebaut hat, im Blick.

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