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Atomfässer werden geöffnet

Der illegale Sondermüll von Geesthacht wird weiter untersucht. Heute ist die Staatsanwaltschaft vor Ort, um Vorwürfe gegen Entsorgungsfirma zu prüfen

GEESTHACHT dpa ■ Im GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht (Kreis Herzogtum Lauenburg) sollen in den nächsten Tagen wieder mehrere Atommüllfässer geöffnet werden. Experten wollen dann die Inhalte der 155 noch gelagerten 200-Liter-Fässer untersuchen, sagte Hans-Friedrich Christiansen, Sprecher der GKSS. Im Dezember hatten Fachleute in einigen Behältnissen stark strahlenden Atommüll entdeckt und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Das ehemalige Unternehmen „Amersham & Buchler“ aus Braunschweig hatte vor 1980 insgesamt 77 Fässer in die Sammelstelle für schwach radioaktiven Abfall der Länder Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen zur GKSS geliefert. 36 davon waren mit Beton verfüllt, innen schirmte Blei zusätzlich die Strahlung ab. Im Herbst hatten die Experten bei GKSS damit begonnen, die Fässer zu öffnen, um den Inhalt sicherer zu verpacken. Alle 16 bisher geöffneten Fässer aus der „Amersham & Buchler“-Lieferung überschritten die zulässigen Strahlenschutzgrenzwerte um ein Vielfaches. Offenbar waren Beton und Blei in den Fässern so platziert, dass außen bei Tests keine erhöhte Strahlendosis festgestellt werden konnte.

Das Braunschweiger Unternehmen wies jede Schuld von sich: Es sei damals üblich gewesen, die Fässer mit Beton zu verfüllen. Die Firme streitet mit Experten, wie die Strahlung zu messen sei. Anfangs hieß es, Grenzwerte seien bis zu 3.000fach überschritten, später seien sie dann nur noch zehnmal höher als erlaubt gewesen. Statt angegebener Papiere und Kleingeräte enthielten die Fässer unter anderem hochgefährliches Cäsium 137 in flüssiger Form.

„Am Freitag finden bei uns Gespräche mit der Staatsanwaltschaft statt, dann sehen wir, wie es weitergeht“, erklärte Christiansen. Die Ermittler der Staatsanwaltschaft hätten jetzt alle 155 noch in der Sammelstelle stehenden Fässer genau dokumentiert, sodass wieder mit der Prüfung und weiteren Sicherung der Inhalte begonnen werden könne. Ob die Lieferung der Fässer strafrechtlich verfolgt werden kann, wird geprüft. Möglicherweise ist die Sache bereits verjährt. Rainer Ahlfänger, Leiter des GKSS-Strahlenschutzes, rechnet damit, dass die Arbeiten etwa ein Jahr dauern werden.

Die ersten Fässer waren im September 2000 bei GKSS geöffnet worden, um den Inhalt auch künftig sicher lagern zu können. Die Fässer aus der Sammelstelle sollten ursprünglich ins atomare Endlager Morsleben (Sachsen-Anhalt) gebracht werden.

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