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Betr.: „Den Stab brechen“ taz hamburg vom 2.4.01

Kritische Geister

Während sich die Springer-Presse im Kommentar im Abendblatt über die neue evangelische Bischöfin von Lübeck, Bärbel Wartenberg-Potter mokiert: „gleich in ihrer ersten Predigt rechnete die feministische Theologin mit dem Materialismus und dem globalen Markt ab und forderte eine 'echte Alternativkultur'“ fordert die taz ein Ende der Theologie an der Hamburger Uni. Es mag gute Gründe für eine strikte Trennung von Staat und Kirche geben. Aber ich wünsche mir von der taz eine gründliche Recherche und nicht einen Rückfall in alte Vorurteile.

Katholische Theologie wird an der Uni in Hamburg überhaupt nicht gelehrt wird. Der tatsächlich skandalöse Umgang katholischer Oberer mit Forschung und Lehre hat also in Hamburg keinen Platz. Und das ist gut so. Stattdessen bot der Ev. Fachbereich über viele Jahre dem unabhängigen katholischen Theologen Prof. Otto-Hermann Pesch Asyl.

Wer in Hamburg Theologie studiert oder studiert hat, weiß dass dort nicht nur kritische, sondern durchaus auch sehr kirchenkritische Theologie vermittelt wird, selbstredend auch eine gesellschaftskritische und dem interreligiösen Dialog verpflichtete. Die Freiheit der Lehre ist in vollem Umfang gewährleistet. Ich wüßte nicht, dass die Nordelbische Kirche jemals Versuche unternommen hätte, die Hamburger Theologie zu gängeln. (...)

Dass die Hamburger Evangelische Theologie kritische Geister ausbildet, merke ich auch immer wieder, wenn sich Hamburgs SozialdemokratInnen darüber beschweren, dass die überwiegende Zahl der Hamburger PastorInnen und Pastoren ihren politischen Standpunkt irgendwo zwischen Regenbogen und GAL findet. Es wird Zeit, dass die Linke im Kampf für eine andere Wirtschaft- Sozial- und Einwanderungspolitik mit diesem Pfund wuchert, anstatt BündnispartnerInnen vor den Kopf zu stoßen. (...) Achim Strehlke

Gleichstellung

Über die Hälfte der Hamburgerinnen und Hamburger gehören nicht den Großkirchen als Mitglied an. Bundesweit sind es mehr als ein Drittel der Bürger, die keiner Religionsgemeinschaft angehören. Doch die Gesamtheit der Steuerzahler finanziert die evangelischen und katholischen Fakultäten an den deutschen Universitäten. Die konsequente Trennung von Staat und Kirche ist mindestens seit der Französischen Revolution auf der Tagesordnung. Auch in den Revolutionen von 1848/49 und 1918 wurde in Deutschland diese Forderungen erhoben. Die Freidenker und andere freigeistigen Verbände erheben diese Forderung nach wie vor.

Doch die von der Weimarer Verfassung übernommene Regelung im Grundgesetz nach der eigentlich die Trennung von Staat und Kirche besteht, läßt Schlupflöcher offen. Zudem gilt nach wie vor das Konkordat von 1934 zwischen Hitler-Deutschland und dem Vatikan auch in der BRD. Deshalb stimmen ich als Freidenker dem Kommentar zu, endlich die theologischen Fakultäten an der Universität aufzuheben und auch keine weiteren religiösen Lehrstühle einzurichten. (...)

Um es klar zu machen: wir wollen keine Gleichstellung in den Privilegien mit den Kirchen, sondern die Kirchen sollen gleichgestellt werden mit allen anderen Vereinen und Verbänden – eben ohne Privilegien wie Bezahlung der Kirchenbeamten, dem Einzug der Kirchensteuer und vielen anderen finanziellen Zuwendungen. Uwe Scheer

Vorsitzender des Deutschen Freidenkerverbandes – LV Hamburg/Schleswig-Holstein

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