Chaos statt Sozialismus

Die CDU tut sich schwer mit einer neuen Strategie als Oppositionspartei. Statt an einer tragfähigen Wahlkampfstrategie zu arbeiten, keilt sie weiter wütend gegen die neue Mehrheit in Berlin

von ROBIN ALEXANDER

In der Union geht es seit Tagen drunter und drüber. Doch was wie Chaos wirkt, ist im Kern das Problem von Frank Steffel. Dem designierten Spitzenkandidaten gelingt es nicht, seine Partei auf eine geschlossene Strategie in der neuen Oppositionsrolle einzuschwören:

Die Stilfrage: Reflexartig bissig reagierte die CDU auf die Zusammenarbeit der SPD mit der PDS mit aus den Auseinandersetzungen der 50er-Jahren entlehnten Vokabeln. Steffel griff darüber hinaus zu persönlichen Angriffen gegen Klaus Wowereit („charakterlich deformiert“). Von solchen Tönen haben die Experten der Bundespartei inzwischen nachdrücklich abgeraten. PDS und SPD sollen nicht mehr als „rote Socken“ oder „rote Zocker“ (Steffel), sondern als Träger der „roten Laterne“ angegriffen werden. Der Begriff „rote Laterne“ illustriert, dass Bundesländer, in denen die PDS mitregiert, die schlechtesten Wirtschaftsdaten aller Länder aufweisen. Das Problem: Wenn Steffel jetzt die niedrige Selbstständigenquote von Mecklenburg-Vorpommern verliest, erschließt sich der Bezug zu Berlin nicht gerade auf den ersten Blick. Steffel selbst hat seine Wortwahl noch nicht auf eine sachliche Auseinandersetzung umgestellt. Schon nach „100 Stunden Amtszeit“ des neuen „Untergangssenats“ bescheinigt er: „Mit Karacho ins Abseits“.

Die Wahltag-Frage: „Das Ziel einer Parlamentsauflösung kann nicht sein, dass sich eine Regierung einen optimalen Termin für eine Mehrheit sucht“, kommentierte Frank Steffel gestern die Absicht von SPD, Grünen und PDS, am 23. September zeitgleich mit Hamburg neu zu wählen. Die Union selbst kann allerdings selbst kein klares Konzept für Neuwahlen vorweisen. Gestern legte sich Frank Steffel zwar auf den 21. Oktober fest. In den vergangenen Tagen waren aus der Union allerdings auch schon der 9. und der 16. September sowie der 11. November vorgeschlagen worden.

Kommt es bei einem weiteren Treffen der Vorsitzenden aller Fraktionen zu keiner Einigung, streben SPD, Grüne und PDS eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses am 2. August an, um die Auflösung zu beschließen und damit Neuwahlen am 23. September zu ermöglichen. Dies geht nicht gegen die Stimmen der Union. Sie müsste ihren Wählern erklären, warum ausgerechnet ihre Abgeordneten die Auflösung eines rot-grün-rot dominierten Parlamentes verhindern.

Die Helmut-Kohl-Frage: In der innerparteilichen Auseinandersetzung um die Kandidatur war der Altkanzler ein gern gesehener Steffel-Helfer. Nun will sich Kohl „in die Schlacht“ gegen die „rot-lackierten Faschisten“ von der PDS werfen und droht den Wahlkampf zu dominieren. Steffel möchte Kohl zu einer Veranstaltung zum Mauerjubiläum am 13.August und darüber hinaus nur gezielt im Wahlkampf einsetzen. Der Eindruck eines Wahlkampfes „Kohl gegen die Roten“ soll auch durch den Einsatz anderer CDU-Größen vermieden werden. Steffel gestern: „Wir können jede helfende Hand in diesem historischen Wahlkampf gebrauchen.“