In den Süden fahren bringt nichts

■ FC St. Pauli liefert beim 0:2 gegen den VfB Stuttgart brav die Punkte ab: Rot für Kientz

Eigentlich, so St. Pauli-Trainer Dietmar Demuth, eigentlich habe man das Spiel in Stuttgart ja nur mit 0:1 verloren, „dass dann kurz vor Schluss noch das 0:2 fiel, war nicht entscheidend“. Entscheidend, da-rin war er sich mit seinem Stuttgarter Pendant Felix Magath einig, war dafür die erste halbe Stunde dieser schwachen Bundesligapartie.

Was sich zwischen 15.30 Uhr und kurz vor vier auf dem Rasen des Gottlieb-Daimler-Stadions abspielte, trieb den etwa 2000 St. Pauli-SympathisantInnen den Angstschweiß aus den Poren: Völlig unbehelligt von den Hamburger Defensivkräften durften sich die Schwaben da in der Hamburger Hälfte produzieren.

Und während Magath mit Freuden feststellte, dass sich seine Prog-nose – „die werden versuchen gut zu stehen und ihr Tor sauber zu halten“ – als grundlose Befürchtung entpuppte, entwickelte ein entnervter Demuth an der Außenlinie die Aggressivität, die er bei seinen Angestellten vermisste: „Die Zuordnung hat überhaupt nicht gepasst. Ich habe versucht, das durch reinrufen zu korrigieren – aber leider erfolglos.“ Die katastrophale Abwehrleistung der ersten halben Stunde wurde jedoch nur einmal bestraft – auch weil sich die VfB-Offensivkräfte denkbar dilettantisch anstellten: Einzig Christian Tiffert traf per Drehschuss (11.). Nachdem Stuttgarts Jochen Seitz eine weitere Großchance versemmelt hatte (27.), erspielte sich plötzlich St. Pauli ein Übergewicht, das es allerdings bis zum Schluss-pfiff nicht in Zählbares umzusetzen verstand: Angetrieben von Jochen Kientz, der immer mehr zum Führungsspieler reift, übernahmen die Gäste die Initiative. Gegen unverständlich passive Schwaben gelang es den Braun-Weißen jedoch selten, sich Torchancen zu erarbeiten: Nico Patschinski, der gegen Cottbus noch zweimal getroffen hatte, verlor so gut wie jeden Zweikampf und ließ seinen Trainer ratlos zurück: „Ich dachte, dass ihm das Cottbus-Spiel Auftrieb gegeben hätte, aber durch die zwei Tore ist er ja auch nicht zu einem anderen geworden.“ Noch mehr ärgerte sich Demuth jedoch über Marcao, der gleich zweimal freistehend das Tor verfehlte. Eine andere entscheidende Szene wollte Demuth hingegen nicht kommentieren: Nach einem Ellbogencheck gegen Hleb schickte Schiedsrichter Fandel St. Paulis Kientz vom Platz – ohne dass die numerische Überlegenheit die lethargischen Schwaben reanimiert hätte. Auch wenn Jochen Endreß kurz vor Schluss noch das 2:0 nachschob (89.) – St. Pauli hätte aufgrund der Steigerung nach der verpennten ersten halben Stunde einen Punkt verdient gehabt.

Nun wollen sich die Kellerkinder am kommenden Samstag an den Münchener Löwen schadlos halten. Und das könnte durchaus gelingen: Selbst nach der Demission der Fleisch gewordenen Selbstschussanlage Werner Lorant torkeln die 60er von Niederlage zu Niederlage. Am Wochenende schafften sie es beim Stande von 1:1 und einem Platzverweis für die Gegner, noch 1:4 gegen Leverkusen zu verlieren. Das dürfte das Positivste sein, was es aus Sicht der Braun-Weißen an diesem Wochenende aus den Südstaaten zu vermelden gab. Christoph Ruf