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vorlauf kunst Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um

Es gibt in Zeiten von Medien-, Kontext- und Dienstleistungsästhetik immer noch genügend Gründe, sich seine Kunst zu schnitzen. Tobias Hauser hat eine Reihe Möglichkeiten gefunden, Handwerk und Konzept zu verbinden. Seine Wandreliefs, die er in der Zwinger Galerie, Gipsstraße 3, zeigt, sind an die gegenwärtige Hysterie um Logos angelehnt. Pillen bohren sich in abstrakte Felder hinter Glas hinein, ein fünfzackiger Stern hebt sich vom ornamental zurecht geschnitzten Holzarrangement ab, und im Gewühl aus artifiziellem Astwerk erkennt man schemenhaft ein Stückchen Wald. Der Rückgriff auf Naturformen ist bei Hauser nicht Widerstand gegen die technifizierte Zivilisation, sondern eine Zuspitzung all der Sehnsüchte, die sich angesichts der total durchinstrumentalisierten Apparatekultur abzeichnen.

Olafur Eliasson baut seine Gerätschaften zur Erforschung der Natur aus Pappe. Für seine Ausstellung „Die Dinge die du nicht siehst die du nicht siehst“ bei neugerriemschneider, Linienstraße 155, hat er das Phänomen der Spiralnebel in Szene gesetzt. Durch einen acht Meter langen Tunnel betritt man die Galerie, sucht sich zwischen Lüftungsrohren den Weg in eine Kammer, in der ein Glaszylinder mit Hilfe einer Pumpe und Nebel einen Strudel erzeugt. Es sieht aus wie im Naturtheater der Expo 2000, und es ist doch ein Parcours aus Skulpturen. Dabei nutzt der in Island geborene Eliasson den Reiz des Seventies-Retro-Designs, das sich in den Dreiecksmodulen spiegelt, aus denen sich die Innenarchitektur zusammensetzt. Der Ökolook fügt sich allerdings sehr gut in die Einfachheit, mit der Eliasson komplexe wissenschaftliche Experimente in künstlerische Statements auflöst. Der dazugehörige Nebel ist ohnehin seit der Romantik ein lieb gewonnenes Bildmotiv.

Und sonst? Andy Warhol in der Neuen Nationalgalerie, natürlich.

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