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Castor rollte durch Harburg

■ Atommüllzug ist in Dannenberg eingetroffen. Polizei rüstet sich zur schweren Straßenetappe Von Magda Schneider

Der Castor-Transport ist, auf seiner von Protesten und Blockaden beigleiteten Irrfahrt aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins Wendland, mitten durch Hamburg–Harburg gerollt. Das bestätigte ein Sprecher der Lagezentrums von Polizei und Bundesgrenzschutz (BGS) Lüneburg der taz hamburg. Da die Schienentrassen Hannover-Uelzen sowie Hannover-Soltau durch Proteste und Schienenblockaden nicht passierbar waren, wurde der Atommüllzug über Verden und Rothenburg-Wümme nach Harburg umgeleitet und dann auf der Güterzugtrasse zum Rangierbahnhof Maschen dirigiert.

Dass dieser Umweg für die BewohnerInnen Harburgs nicht risikofrei war, zeigte sich in Maschen. Dort musste der Zug eine Zwangspause einlegen, weil bei einer Lok ein Radlagerschaden festgestellt worden ist. Die Lok musste ausgetauscht werden. Kurz vor Lüneburg musste der Castor-Zug erneut eine einstündige Zwangspause einlegen. „Bei Bardowik hatten sich zwei Personen an die Gleise gekettet“, bestätigt ein BGS-Sprecher. Die Trasse wurde gesperrt. Es dauerte 45 Minuten, bevor die Aktivisten festgenommen werden konnten. Durch diese Protestaktion ist der Zugverkehr Hamburg–Hannover für Stunden zum Erliegen gekommen. In Lüneburg saß ein ICE fest, so dass die Fahrgäste in Busse umsteigen mussten. Der Regionalverkehr wurde laut eines Bahnsprechers eingestellt, nur einige Fernzüge konnten über Rothenburg umgeleitet werden.

Während die im Wendland eingesetzten 15.000 PolizistInnen alle Hände voll zu tun hatten, die diversen Blockaden aufzulösen, war in Lüneburg das letzte Aufgebot angerückt, um die Umrüstung des Zuges mit einer Diesellok vor 100 ProtestlerInnen zu schützen. Was zunächst wegen der blauen Uniformen von Castor-Gegnern als Schill-Elitetruppe eingestuft wurde, entpuppte sich als „Grenzschutzkommando See“. Zum ers-ten Mal hatte der BGS die Seeleute zum Landeinsatz verdonnert.

Um 15.52 Uhr traf der Atommüllzug dann im Verladebahnhof Dannenberg ein. Das Umladen auf Tieflader für die letzten 20 Kilometer Straße wird bis in die Nacht dauern. Dennoch gönnten sich die Cas-tor-GegnerInnen keine Verschnaufpause. „Wir gehen davon aus, dass der Castor auch im Dunkeln nach Gorleben gebracht wird“, sagte der Sprecher der BI Lüchow Danneberg, Wolfgang Ehmke. Dafür spricht, dass bei Polizei am Abend bei Grippel - wo beide möglichen Straßentrassen zusammentreffen - mit dem Aufstellen von Scheinwerferanlagen begonnen hat. Bei Laase zogen 400 Personen auf die Straße. In Dannenberg säumten 1600 Menschen die Straße. Auch im März hatte der Castor die Verladeanlage schon im Dunkeln verlassen, damals lagen viele AktivistInnen noch in der Koje. Daher wollten sich einige der gestern zwangsweise in Hamburg Gebliebenen, die sich am Abend vor dem HEW-Kundenzentrum an der Mönckebergstraße versammelten, noch auf den Weg ins Wendland machen.

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