: Doping mit Olympischen Spielen
Handelskammerpräses Schües empfiehlt Olympia-Vorrang-Gesetz, die Privatisierung der Schulen und den Sprung über die Elbe ■ Von Gernot Knödler
Die Handelskammer setzt auf Leistungsförderer. Bei seiner Sil-vesteransprache vor der traditionsreichen „Versammlung Eines Ehrbahren Kaufmanns“ empfahl ihr Präses Nikolaus Schües dem Senat, ein „Olympia-Vorrang-Gesetz (OVG)“ zu verabschieden nach dem Motto: „Alles für den Sport!“ Damit solle deutlich gemacht werden, dass Hamburg geschlossen hinter dem Projekt stehe und zügig die städtebaulichen Voraussetzungen schaffe. Allein schon die Bewerbung sei „ein Treibsatz für die Entwicklung unserer Metropole und der Hanse-region“, sagte Schües.
Der Präses kommentierte in einem mehr als einstündigen Rundumschlag die Politik im Bund und in Hamburg. In der Schulpolitik forderte er den Senat auf, sich Schritt für Schritt aus der Trägerschaft für die Schulen zurückzuziehen. Der Staat solle sich auf eine strenge Aufsicht und die Sicherung der Qualität der Schulen beschränken. Schulsenator Rudolf Lange (FDP) schlug er dazu die Gründung einer „Stiftung Schultest“ vor. Die Wirtschaft sei bereit, zum Stif-tungsvermögen beizutragen.
Schües lobte ausdrücklich die Absicht des neuen Senats, die Einwohnerzahl Hamburgs auf zwei Millionen zu steigern. „Hamburg braucht ein großes Ziel“, so der Kammer-Präses. Jeder neue Bürger spüle Geld in die Stadtkasse. Platz für die 300.000 Neu-Hamburger gebe es reichlich. „Die Geschichten über Flächenknappheit sind Märchen“, behauptete Schües. Hamburg müsse den „Sprung von der Hafencity über die Elbe“ wagen mit der Perspektive, einen achten Bezirk zu schaffen.
Zuvor allerdings würde die Kammer gerne das erst vier Jahre alte Bezirksverwaltungsgesetz novelliert sehen. Es sollten klare Zuständigkeiten geschaffen werden, so Schües. Die Bezirke sollten sich um ortsnahe Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen kümmern und Entscheidungen über die gesamtstädtische Infrastruktur der Bürgerschaft überlassen.
Schües plädierte für eine strikte Überwachung der staatlichen Zuwendungspraxis. Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) empfahl er, das Geld jährlich neu beantragen zu lassen. Viele Zuwendungen lassen sich nach Ansicht des Kammerpräsidenten „auch schlicht und einfach ganz streichen“.
Die im November angekündigte Aktion, Spenden für Obdachlose über Büchsen in Geschäften zentral zu sammeln, soll Schües zufolge in den nächste Tagen beginnen.
Die Jahresansprache des Präses der Handelskammer geht auf das Jahr 1821 zurück, als die Kammer noch „Commerz-Deputation“ hieß und das unumschränkte Sagen in der Stadt hatte. Die „ehrbaren Kaufleute“ wählten bis 1956 die Mitglieder der Kammer. Heute kümmert sich der Verein um die Einhaltung der ungeschriebenen Regeln des Geschäftslebens: um die Pflege von Treu und Glauben.
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