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Geben und nehmen

Beim Versuch zu sparen, will der Rechtssenat die Kompetenzen zwischen den Bezirken und den Senatsbehörden neu verteilen

„Wir lehnen Eingriffe ab, die den Bürgerservice verschlechtern“

von GERNOT KNÖDLER

Der Senat muss sparen und treibt deshalb „Aufgabenkritik“. Zwar hat sich die Rechtskoalition für dieses Jahr noch eine Steigerung des Haushaltsdefizits genehmigt, 2003 will sie aber ernst machen. Eine Reihe von Details sind in der vergangenen Woche bekannt geworden. Unklar scheint jedoch noch, wie sich die Aufgabenverteilung zwischen den Bezirken und den Senatsbehörden im Zuge der Sparbemühungen ändern wird. Die Leiter der sieben Bezirksämter haben ein „Entflechtungspapier“ vorgelegt, nach dem mehr Entscheidungen als bisher allein auf Bezirksebene getroffen werden könnten. Der Senat hat eigene Vorstellungen entwickelt und lässt sie prüfen.

Die Bezirksamtsleiter hatten vorgeschlagen, eine Struktur zu schaffen, die „Doppelarbeit vermeidet“ und für die Bürger „eindeutige Ansprechpartner“ schafft, „mit denen sie ihre Anliegen verbindlich regeln können“. Die Aufgaben des Senats und der Bezirke sowie die zu ihrer Erfüllung nötigen Ressourcen sollten klar getrennt werden. Lokale Angelegenheiten müssten, wie von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) in dessen Regierungserklärung angekündigt, auch lokal entschieden und geregelt werden können.

Landschafts- und Bebauungspläne sollten deshalb nur in Ausnahmefällen vom Senat erstellt, lediglich Hauptverkehrsstraßen von der Baubehörde geplant werden. Über Baugenehmigungen wollen die Bezirke künftig alleine entscheiden. Eine Zentralisierung örtlicher Aufgaben, etwa bei der Friedhofsverwaltung, der Veterinärwesen, der Lebensmittelkontrolle und des Tiefbaus, wäre aus Sicht der Bezirke dagegen kontraproduktiv.

„Es geht nicht darum, dass man die Bezirke entmachtet“, versichert Senatssprecher Christian Schnee. Zumindest beim Thema „Soziale Stadtteilentwicklung“ kommt der Senat den Vorstellungen der Bezirksamtsleiter entgegen: Aus der ehemaligen Stadtentwicklungs-, jetzt Baubehörde, sollen sieben Stellen zur Umsetzung des Programms an die Bezirke abgegeben werden. Überdies sollen die Bezirke eigene Investitionsfonds für die soziale Stadtteilentwicklung erhalten.

Wie die Tiefbau- und Grünflächenämter zentralisiert werden sollen, ist dagegen noch offen. Der Senat, so Schnee, habe nicht den Wunsch, diese Aufgaben den Bezirken wegzunehmen. Sie sollten lediglich bei einem oder mehreren Bezirken gebündelt werden. Trotzdem stellt sich die Frage, wie stark das den Handlungsspielraum der Bezirksversammlungen beschneiden würde. „Wenn die Tiefbau- und die Gartenbauabteilungen weg sind, haben wir in den Bezirken nicht mehr viel zu tun“, befürchtet Till Steffen, der Fraktionsvorsitzende der GAL in Eimsbüttel.

Der Senat plant außerdem, die Hochbaudienststellen der verschiedenen Behörden und Bezirke zusammenzufassen, mit dem Ziel sie später einmal zu privatisieren. Zentralisiert werden sollen offenbar auch die Personalverwaltungen und EDV-Abteilungen der Bezirke sowie die „Eigentümerfunktion der Liegenschaftverwaltung“. Bezirke, die über entsprechende Bebauungspläne Grundstücke vermarktbar machen, erhalten dafür eine Belohnung. Schließlich stehen alle Beratungsstellen der Bezirke – von der Mütter- über die Verbraucher- bis zur Rentenberatung – zur Disposition.

Bei der GAL bewertet man die Vorschläge des Entflechtungspapiers überwiegend positiv und steht der Aufgabenkritik des Senats aufgeschlossen gegenüber –allerdings mit klar definierten Grenzen: „Wir lehnen Eingriffe ab, die den Bürgerservice verschlechtern, die Qualität der Verwaltungsarbeit gefährden, das Netz an Beratungs- und Hilfsangeboten ausdünnen und die Kompetenzen der bezirklichen Ebene beschneiden“, heißt es in einer internen Stellungnahme der Partei.

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