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„Abwasser ist ein Rohstoff“

Der kleine Bremer Verein Borda exportiert Umwelttechnologie nachNamibia. Dabei will Borda sich langfristig überflüssig machen.

„Namibia ist ein so trockenes Land, dass man es sich dort nicht leisten kann, auch nur einen Tropfen Wasser ungenutzt abfließen zu lassen“, sagt Peter Diemer, Mitbegründer des gemeinnützigen Umwelttechnologie-Vereins „Borda“ (Bremen Overseas Research and Development Association). Und gemäß des Mottos „Abwasser ist kein Abfall, sondern ein Rohstoff“, entwickelt Borda Abwasser-Anlagen,die nicht nur verschmutztes Wasser an Ort und Stelle reinigen, sondern auch einen großen Teil der im Schmutzwasser enthaltenen Nährstoffe herausfiltern können. Aus diesen Stoffen kann wiederum Tierfutter hergestellt werden. Das nennt man “integrierte Abwasserbehandlung“. Dieses Konzept stößt in der namibischen Hauptstadt Windhoek, BremensPartnerstadt, auf großes Interesse.

Innerhalb der Stadt gibt es zwar eine Kanalisation und Windhoek recycelt schon seit 30 Jahren sein Trinkwasser. Aber wie das verschmutzte Wasser in ländlichen Gebieten ohne Kanalisation aufgefangen und gereinigt werden kann, da kommt Borda mit seinem “Dewats“-Konzept zum Zuge. „Dewats“ steht für decentralised wastewater treatment systems, also dezentrale Abwasserbehandlung. „Die Dewats-Idee ist, dass die Abwasser-Anlagen immer aus einzelnen Bausteinen zusammengesetzt werden“, sagt Borda-Geschäftsführer Stefan Reuter, „jeweils den lokalen Gegebenheiten, der Art und Menge des Abwassers angepasst.“

Die Qualitätskontrolle geschieht auf natürliche Weise: Auf die letzte Reinigungsstufe folgt ein sogenannter “Schönungsteich“, der von dem gereinigten Wasser gespeist wird, schwimmen Fische. Wird die Wasserqualität zu schlecht, lässt sich das am Wohlbefinden der Fische sehr schnell ablesen. Auch sonst kommen die Anlagen mit wenig Technik aus. Das ist Teil der Borda-Philosophie: Die Anlagen sind sehr wartungsarm. Und Borda-Sprecher Gert Kreuzer ergänzt: „Borda will sich ja langfristig möglichst überflüssig machen.“ Finanzieren soll sich der Bau einer solchen Anlage übrigens über den Verkauf des gereinigten Wassers.

Dewats-Anlagen haben natürlich auch ihre Grenzen: Sie können kein industriell verschmutztes Wasser reinigen. Dewats säubert Wasser aus Hotels, Schlachthöfen oder anderen Bereichen der Lebensmittelproduktion, Krankenhäusern oder Wohngebieten. „Am Ende kann man das Wasser zwar noch nicht trinken. Aber Felder kann man damit problemlos beregnen“, erklärt Borda-Geschäftsführer und Dewats-Experte Stefan Reuter.

Die Dewats-Idee gibt es seit 1998. Zuerst hat Borda sie nach Indien, Indonesien und China exportiert, „Da sind die Abwasser-Anlagen ein richtiger Renner“, freut sich Reuter. „Immer mehr Hotels und Krankenhäuser rüsten um auf ihre eigene Anlage.“ Ob diese Art der Abwasserverarbeitung in Windhoek auch ein Renner wird, ist noch offen. Nach einem Jahr gemeinsamer Arbeit haben Borda und Vetreter der Stadt jetzt eine Konzept, wie eine Windhoek-gemäße Anlage aussehen kann. Aktuell suchen sie Finanzierungspartner um eine Demonstrationsanlage zu bauen. Ulrike Bendrat

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