Workshop Nr. 4: Welche Bildung wollen wir?

Das Thema Bildung ist Schwerpunkt in der taz, online und im Panter Workshop.

Die Teilnehmer fordern „die Partizipation und Mündigkeit aller“. Bild: dpa

4. bis 7. März 2010, in diesem Jahr dreht sich alles um Bildung in der taz: Wir machen dazu am 24. April einen Kongress in Berlin, es gibt online einen neuen Uni-Schwerpunkt, ein Bildungsblog und einen taz-Twitter-Account. Was liegt da näher, als den taz Panter Workshop zu nutzen, damit uns der Nachwuchs einmal selbst aufschreibt, was er zu dem Thema denkt?

Welche Bildung wollen wir? haben wir also als Thema für die vier Seiten gesetzt, die 20 junge Journalistinnen und Journalisten für uns und für die taz-LeserInnen mit Inhalt befüllen konnten. Zuvor stand aber noch etwas Theorie auf der Tagesordnung des Seminars.

Und haben die TeilnehmerInnen auch die Frage beantwortet, was für eine Bildung sie wollen? Und wie! In einem kurzen „Manifest“ schreiben sie, bisher habe Bildung den Menschen „verdinglicht, degradiert, gedemütigt und als Werkzeuge für Untaten benutzt“. Sie fordern „die Partizipation und Mündigkeit aller“ und wollen dem Menschen den Raum zugestehen, „sich zweckfrei zu entfalten, tätig zu sein, zu leben“.

Bild: Anja Weber

Seminar I mit Ute Scheub: Die Ethik des kritischen Qualitätsjournalismus. Es gibt journalistische Grundregeln, die man während der Ausbildung lernt, es gibt Redaktionsstatute und den Verhaltenskodex des Presserates. Das sind wichtige Leitplanken, die Ute Scheub vorstellen und erläutern wird.

Aber im Alltag reichen sie nicht aus, um das zu befördern, was in ihren Augen am wichtigsten und am schwierigsten ist: Haltung, Rückgrat, aufrechter Gang. Dazu gehört nicht nur Unbestechlichkeit und die klare Trennung zwischen Journalismus und PR, dazu gehört auch ein reflektierter Umgang mit Distanz und Nähe im Verhältnis zur politischen Elite und die kritische Solidarität mit Unterprivilegierten.

Ute Scheub, Jahrgang 1955, ist Mitbegründerin der taz und freie Publizistin. Nach dem Studium der Politikwissenschaften baute sie 1978/79 die taz mit auf und war europaweit die erste Ökologieredakteurin einer Tageszeitung. Später war sie in der Nachrichtenredaktion, der Lokalredaktion Hamburg und Berlin, der Inlands- und Frauenredaktion tätig.

Seit 1997 ist sie freie Journalistin und Autorin und hat sechs Bücher geschrieben, zuletzt den Bestseller „Das falsche Leben – eine Vatersuche“ über ihren Nazivater. Sie ist viel ehrenamtlich unterwegs, unter anderem als Kuratoriumsvorsitzende der taz Panter Stiftung. 

Bild: privat

Seminar II mit Elisabeth Schmidt-Landenberger: Sprache im Journalismus. Und wo bitte geht`s hier zum Thema? Wie man Leser in drei Sekunden loswerden – oder gewinnen kann. Elisabeth Schmidt-Landenberger, Jahrgang 1955, hat in Tages- und Wochenzeitungen und Magazinen als Reporterin (Badische Zeitung, Freiburg), Ressortleiterin (annabelle, CH), Textchefin („arte“, Straßburg, Vanity Fair, Berlin) und Chefredakteurin (Zeitung zum Sonntag, Freiburg) gearbeitet. Seit 10 Jahren unterrichtet sie an Journalistenschulen im In- und Ausland und hat einen Lehrauftrag an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Bild: Anja Weber

Seminar III mit Michael Sontheimer: Die Kunst ein gutes Interview zu führen. Das Interview ist die Urszene des Journalismus. Neben der Auswertung von schriftlichen Quellen ist das Befragen von Personen für Journalisten die entscheidende Methode, um Informationen zu gewinnen.

Neben Informations- und Hintergrundgesprächen ist das in Frage-und-Antwort-Form veröffentlichte Interview ein nach wie vor populäres Genre. Wir bereitet man sich auf ein Interview vor? Wie führt man ein Interview? Wie bearbeitet man das Originaltranskript? Wie verhandelt man mit Interviewpartnern um die Fassung, die schließlich veröffentlicht wird? Wie versuchen Interviewpartner Journalisten zu funktionalisieren – und umgekehrt?

Michael Sontheimer studierte vor allem Geschichte, zählte zu den Mitbegründern der taz, arbeitete in der Redaktion der Zeit und ist heute Autor für den Spiegel. Zwischendurch war er Chefredakteur der taz. Er hat den Musiker Eric Clapton interviewt, die Schrifstellerin Doris Lessing, aber auch die Politikerin Angela Merkel.

Bild: Sabine Sauer / Der Spiegel

Seminar IV mit Yassin Musharbash: Print versus Online – Stärken und Schwächen beider Medie. Online-JournalistInnen sind Technik-Geeks und Print-RedakteurInnen anachronistische Mitarbeiter der holzverarbeitenden Industrie: Manche Klischees sind so doof, dass sie unmöglich stimmen können. So wie diese.

Aber es ist sinnvoll, über die Unterschiede von Online- und Print-Journalismus zu sprechen – und über die jeweiligen Stärken und Schwächen. Doch auch hier lauern Missverständnisse: Weder ist Online zwangsweise boulevardesk, noch eine gedruckte Zeitung automatisch hintergründig.

Beide Schulen sind immer dann am besten, wenn sie ihre Stärken ausspielen: Der fehlende Redaktionsschluss beim Online-Magazin etwa, oder die Möglichkeit, einen Text wieder zu verändern und upzudaten. Und in der Zeitung lässt es sich, am Tag danach, vielleicht einfacher mit etwas mehr Tiefe und Anspruch analysieren.

Umgekehrt gilt freilich: Wer sich im Netz dazu verleiten lässt, Qualität dem Aktualitätsdruck zu opfern, wird ebenso schlechten Journalismus abliefern wie die Zeitung, die so tut, als sei gestern noch heute. Vornehmlich an Beispielen sollen diese Gedanken illustriert werden – an gelungenen ebenso wie an missratenen. Und dann wird diskutiert, z.B. über die Frage, ob für Online und Print eigentlich dieselben Regeln gelten, oder gelten sollten?

Yassin Musharbash, Jahrgang 1975, ist Redakteur im Hauptstadtbüro von „Spiegel Online“. Er ist Halb-Niedersachse und Halb-Jordanier, hat in Göttingen und Bir Zeit (Palästina) Arabistik und Politikwissenschaften studiert und während des Studiums unter anderem auch für die taz gearbeitet.

Die TeilnehmerInnen. Bild: Anja Weber

Bei der Auswahl der TeilnehmerInnen wird darauf geachtet, dass eine interdisziplinäre Gruppe mit unterschiedlichen Vorkenntnissen im Journalismus entsteht. JedeR kann sich bewerben.

Die je zehn Frauen und Männer pro Workshoptermin sind zwischen 18 und 28 Jahre alt und kommen aus allen Regionen Deutschlands und aus dem Ausland. Die TeilnehmerInnen des Workshops  „Welche Bildung wollen wir?“ finden Sie hier.