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Überm Tellerrand

Morgen: Ein multikulturelles Trio spielt in der HfK

Sie habe schon als Schülerin gemerkt, dass sie in der klassischen Musik keine Chance haben werde: „Eine schwarze Geigerin, das funktioniert nicht, das ist nicht gewollt“. Kathy Kelsh aus Washington studierte dennoch Violine, unter anderem bei dem Bratscher des legendären Kolisch-Quartetts und Josef Silverstein, dem Konzertmeister des Boston Symphony Orchestras. Aber schon damals schaute sie über die Tellerränder, absolvierte ein Jazz-Studium bei Jay Oliver in Berlin und orientierte sich fortan am Experiment und an künstlerischen Grenzüberschreitungen. Wer aber denkt, dass sie das mit der norwegischen Pianistin Darlèn Bakke und der deutschen Schlagzeugerin Andrea Schneider-Hagel zusammengebracht habe, der irrt.

„Zusammengebracht haben uns unsere Kinder, kann man das schreiben?“, fragt Kathy Kelsh, die heute in Lüneburg lebt. Sie hat zwei Söhne, Andrea Schneider drei Töchter – alle drei Schlagzeugerinnen – und Darlèn Bakke zwei Söhne. Im Gespräch entdeckten die Musikerinnen Gemeinsamkeiten und gründeten das „Trio 99“ mit der seltenen Besetzung Klavier, Violine und Schlagzeug. „Da wir unbedingt originale Besetzung spielen wollen, also keine Bearbeitungen, müssen wir unglaublich Zeit und Geld investieren, um die Musik überhaupt zu finden“, erzählt Bakke, die ebenfalls nach einer fundierten klassischen Ausbildung sich heute hauptsächlich der zeitgenössischen Musik verschrieben hat. Für das Gründungskonzert vergaben die drei Frauen einen Kompositionsauftrag an die Komponistin Tatjana Prelevic.

Vor diesem Hintergrund wächst die Neugier auf das amerikanisch-japanische Konzert in der Hochschule für Musik am Donnerstagabend: ein Trio des amerikanischen Altmeisters der neuen Musik, Henry Cowell, eines des 1947 geborenen Japaners Somei Satoh mit Namen „Toki No Mon“, was so viel heißt wie „Tür zur Unendlichkeit“, und eines des in Deutschland recht bekannten Japaners Toshi Ichiyanaghi, der über scheinbar unverbindbare Wurzeln verfügt: Aufgewachsen in einem europäisch orientierten japanischen Musikerhaushalt, wurde er in Amerika besonders von John Cage beeinflusst: „Musik ist ein Ereignis, Musik ist Tat. (...) Man braucht weder das Denken noch das Wort. Das Erlebnis ensteht durch Klang“, sagt er. Dann erklingt eine Violinsonate des ,bad box of music‘, wie sich der Amerikaner George Antheil mit seiner an mechanischen Vorgängen orientierten Musik selbst nannte.

Ute Schalz-Laurenze

Konzert morgen um 20 Uhr im Konzertsaal der Hochschule für Künste in der Dechanatstraße (Eintritt frei)

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