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Für Ringstorffs Rot-Rot wird es knapp

In Mecklenburg-Vorpommern müssen die bisherigen Regierungsparteien SPD und PDS zittern – vor allem dann, wenn FDP und NPD viele Sitze im Landtag erobern. Beim Fernsehduell macht CDU-Kandidat Jürgen Seidel schon mal auf große Koalition

VON CHRISTIAN PANSTER

Harald Ringstorff mag keine öffentlichen Auftritte. Schon gar nicht so neumodische Angelegenheiten wie ein TV-Duell. Verloren steht der 66 Jahre alte Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern (SPD) im Studio des Norddeutschen Rundfunks, ihm schräg gegenüber sein Kontrahent Jürgen Seidel, 58, CDU-Spitzenkandidat, dazwischen Moderater Andreas Cichowicz. Ringstorff sagt, dass gute Politik Zeit brauche und das Mecklenburg-Vorpommern auf dem richtigen Weg sei. Er lächelt nicht und er schaut auch nicht ernst drein. Im Grunde genommen zeigt er gar keine Regung.

Ob der Ministerpräsident am Sonntag bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern die Gelegenheit bekommt, seine Arbeit als Landesvater fortzuführen, ist unsicherer denn je. Gerade einmal 29 bis 31 Prozent der Stimmen trauen die Meinungsforscher verschiedener Institute der SPD zu. Das sind rund 10 Prozent weniger als bei der Wahl 2002, als Ringstorff satte 40,6 Prozent holte. Für eine Fortsetzung der Regierung mit Koalitionspartner Linke.PDS würde es dann eng: Der PDS – bisher bei 16,4 Prozent – werden zwar Zugewinne vorausgesagt, aber nicht genug, um die Verluste der SPD auszugleichen. Im aus rot-roter Sicht schlimmsten Fall – die SPD holt 29 Prozent der Stimmen, die PDS 18 – käme es rein prozentual zum Gleichstand mit den Oppositionsparteien: CDU (33 Prozent), FDP (7 Prozent) und der NPD (7 Prozent) werden von der Forschungsgruppe Wahlen ebenfalls 47 Prozent der Stimmen zugetraut. Je stärker die NPD, umso schwieriger wird es für die Regierungskoalition.

Um Ministerpräsident zu bleiben, muss Ringstorff die PDS als Partnerin behalten oder stärker werden als Seidels CDU. In einer Koalition mit der CDU als stärkerer Partnerin hätte er keine Chance, Landesvater zu bleiben.

Genau darauf spekuliert der Spitzenkandidat der Christdemokraten, Jürgen Seidel. Für eine Koalition mit der FDP wird es kaum reichen. Deshalb segelt er auf die große Koalition zu, die, wie er feststellt, auf Bundesebene gute Arbeit leiste.

Auch im Fernsehduell am Mittwochabend hat er auf Vermittler gemacht, auf Zuhörer. Er wirft der Regierung Ringstorff eine Politik des „Weiter so“ vor, rudert aber zwei Sätze später wieder zurück und sagt, man solle die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund stellen, nicht die Unterschiede. Seidel will Ringstorff angreifen, ohne ihn zu verletzen. Er sagt, er wolle mehr Wirtschaftspolitik machen, nicht bloß Geld verteilen. Er sagt, man müsse die „Stärken stärken“ und dass Mecklenburg-Vorpommern wunderschön sei. Er will sich um Demographie und Abwanderung kümmern. Die CDU verspricht dafür kostenlose Kindergärten. Wie er das bezahlen wolle, fragt Ringstorff. Die nötigen 75 Millionen Euro, die nur einen Prozent des Landeshaushalts ausmachten, müsse man im Budget umlegen können, antwortet Seidel. „Ungedeckte Schecks“, sagt Ringstorff. Jetzt haben sie sich doch etwas gezankt. Aber dann sprechen sich wieder beide dafür aus, ein bis zwei Ministerposten zu streichen.

Am Ende des Duells hat Seidel eine halbe Minute länger geredet. Beim Boxen heißt das, er sei aktiver gewesen. Das gehört zur Rolle des Herausforderers. Schließlich ist Ringstorff seit acht Jahren Landesvater und wegen seiner Bodenständigkeit beliebt. Würde der Regierungschef direkt gewählt, gäben ihm 49 Prozent ihre Stimme, nur 34 Prozent Jürgen Seidel.

Seidel hat am Ende des Duells trotzdem gesagt, die Menschen sollten nicht nur die CDU wählen. Sondern ihn als Ministerpräsidenten. Er hat zuversichtlich dabei geguckt. Er hat ja auch wirklich eine Chance.

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