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Von Budjonnowsk nach Beslan

Bassajew gilt als Drahtzieher der schlimmsten tschetschenischen Terrorakte. Zu einigen hat er sich auch bekannt

Er rühmte sich, die Geiselnahme im Moskauer Musicaltheater maßgeblich vorbereitet zu haben

BERLIN taz ■ „Russland ist das letzte Imperium, und es ist auf Blut gebaut“, sagte Schamil Bassajew einmal in einem Interview mit der BBC. Im Kampf gegen die verhassten Besatzer ging der tschetschenische Rebellenchef buchstäblich über Leichen. Im Juni 1995 und damit mitten im ersten Tschetschenienkrieg überfielen er und sein Kommando ein Krankenhaus in der südrussischen Stadt Budjonnowsk und nahmen 1.200 Menschen als Geiseln. Nach der auf Befehl von oben abgebrochenen Erstürmung des Krankenhauses durch russische Truppen zog Bassajew mit seinen Kämpfern und einem Teil der Geiseln ab. Zurück blieben 130 tote Zivilisten sowie mehr als 36 tote Soldaten und Polizisten.

Am 23. Oktober 2002 besetzten tschetschenische Unabhängigkeitskämpfer – unter ihnen auch so genannte Schwarze Witwen – das Moskauer Dubrowka-Theater und nahmen die etwa 800 Besucher als Geiseln. Die Geiselnehmer forderten die Beendigung des Tschetschenienkrieges. Drei Tage später ließ Russlands Regierung das Theater von Spezialeinheiten stürmen. Dabei wurde ein tödliches Betäubungsgas eingesetzt, dessen Zusammensetzung die Behörden verschwiegen. Die Bilanz des Dramas: 118 Geiseln und alle 41 Mitglieder des tschetschenischen Kommandos wurden getötet. Bassajew rühmte sich kurz darauf, die Moskauer Geiselnahme maßgeblich mit vorbereitet und organisiert zu haben.

Auch hinter der tödlichen Geiselnahme in Beslan vermuten Experten und Beobachter Schamil Bassajew als Drahtzieher. Am 1. September 2004 stürmten rund 30 schwer bewaffnete Personen die Mittelschule Nummer eins in der nordossetischen Stadt und nahmen mehrere hundert Geiseln – davon in der Mehrzahl Kinder. Zwei Tage später kam es an dem Gebäude, das von Omon-Spezialeinheiten, Armee und Polizei umstellt war, zu stundenlangen Feuergefechten. Kurz darauf stürmen Alfa-Einheiten das Gebäude. Bei der planlosen Operation wurden 331 Menschen getötet und rund 700 verletzt – darunter mehr als 200 Kinder. Nach wie vor ist der genaue Hergang der Ereignisse nicht geklärt. Ein Geiselnehmer, der Tschetschene Nurpaschi Kulajew, wurde im vergangenen Mai zu lebenslanger Haft verurteilt. BARBARA OERTEL

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