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theorie und technikUnintelligentes Wissenschaftsdesign

Und die Bibel hat doch nicht Recht: Der Kampf der Kirche gegen Darwin ist der Versuch, die Säkularisierung zurückzudrehen

Während in Pennsylvania der Prozess noch läuft, ist in Kansas das Urteil bereits gefallen: Es geht um die Frage, ob Intelligent Design zukünftig an den Schulen gelehrt wird. Intelligent Design (ID) ist die Vorstellung, die Entwicklungen der Biologie seien keine ziellosen, zufälligen Veränderungen, vielmehr liege diesen ein Plan zugrunde. Früher, vor solch intelligent designten Namensgebungen, hat man dazu Schöpfungslehre gesagt. Ihr Hauptfeind ist – naturgemäß, möchte man sagen – die darwinistische Evolutionstheorie. Die Herald Tribune bezeichnet diese zunehmend heftigere Auseinandersetzung als Ausdruck einer „kulturellen Krise Amerikas“.

Neuartig an dieser alten Konfrontation ist, dass ID nicht einfach als religiöser Diskurs auftritt, sondern als Kompromiss zwischen Glauben und Wissenschaft, gewissermaßen als „wissenschaftlicher Glaube“. In der amerikanischen Diskussion wird dieser Angriff der Theologie durchgehend mit Karl Popper abgewehrt, mit dem Argument also, dass die Evidenzen des ID empirisch nicht falsifizierbar sind. Das Unzureichende an dieser Abwehr ist, dass sie den wesentlichen Angriffspunkt, den strategischen Einsatz, völlig unberührt lässt.

Die Wissenschaftstheorie, wie sie Gaston Bachelard Mitte des 20. Jahrhunderts in Frankreich entwickelt hat, ist hier deutlich hilfreicher. Bachelard geht davon aus, dass jede Wissenschaft sich gegen etwas konstituiert. Sie geht notwendigerweise aus einem Bruch mit früheren Gewissheiten hervor, die sich ihr als „Erkenntnishindernisse“ in den Weg stellen. Eben solch ein Erkenntnishindernis bildeten die religiösen Vorstellungen über die Erschaffung der Welt für die Wissenschaften von den Lebewesen. Die Evolutionstheorie hat sich gerade gegen die Vorstellung einer finalistischen Notwendigkeit in der Natur gebildet und hat dem den Begriff der Kontingenz der biologischen Entwicklung entgegengesetzt.

Mit dem Vormarsch der ID-Vertreter in den USA, gestärkt durch Schützenhilfe von höchster Stelle – Papst Benedikt XVI. meinte bei seiner Amtseinführung: „Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist die Frucht eines Gedanken Gottes.“ –, meldet sich das alte Erkenntnishindernis zurück. Ist das die Rückkehr eines Verdrängten? Keineswegs.

Der „epistemologische Bruch“, den eine Wissenschaft vollzieht, bedeutet, dass sie sich einen eigenen, neuen Gegenstand konstruiert. Es ist also der Abschied von der trügerischen Selbstverständlichkeit des Gegebenen, von der empirischen Evidenz der Welt. Der theologische Diskurs versucht nun, eben diese Abgrenzung zu überschreiten. Er tut so, als bezögen sich religiöser und wissenschaftlicher Diskurs auf ein und dasselbe Objekt, und deshalb könne er diese gemeinsame empirische Realität definieren. Die Evidenz des göttlichen Planes, das unwissenschaftliche Konzept par excellence, ist nicht zufällig eine der zentralen Kategorien des ID.

Der religiöse Diskurs versucht also, das Terrain, das die Wissenschaft für sich abgesteckt hat, zu usurpieren und sich ebendort durchzusetzen: Er versucht, seine Begriffe am Ort der Wissenschaft einzuschreiben – als seien diese mit jenen kompatibel. Mehr noch, er will einen Rollentausch vornehmen, dessen erster Schritt lautet: „Jedes Denksystem“, so der Wiener Kardinal Schönborn, der den amerikanischen IDlern in der New York Times zur Hilfe eilte, „das die überwältigende Evidenz für einen Plan in der Biologie leugnet, ist Ideologie, nicht Wissenschaft.“ Nicht genug, dass die Evolutionisten als die eigentlichen Obskurantisten abgekanzelt werden, präsentieren die IDler sich selbst auch noch als die wahren Hüter der Vernunft. Letzteres ist auch hierzulande, zumindest seit den jüngsten Habermas’schen Interventionen, kein unbekanntes Motiv mehr.

Man darf darauf nicht hereinfallen. ID ist kein aufgeklärter Glaube, es ist vielmehr – gerade weil es so vernünftig auftritt – eine Speerspitze im neu belebten Kampf um die gesellschaftliche Vormachtstellung bei dem Versuch, die Trennung der Sphären, die Säkularisierung also, rückgängig zu machen. Symptomatisch dafür ist der Einsatz, um den es geht: die Verankerung der Schöpfungslehre im Schulunterricht – nicht als Religionsunterricht, sondern als Kampfmittel gegen die Lehre der Evolutionsbiologie. Ein Bilderbuchbeispiel dafür, was es heißt, wenn sich die Theologie als Hüterin der Vernunft ausgibt. ISOLDE CHARIM

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