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Das Methusalem-Komplott

Das mediale Deutschland reagiert kopflos auf eine gut vorbereitete Kampagne. Ob die alte Rechtschreibung in die Zeitungslandschaft zurückkehrt, dafür kommt es nun auf die Agenturen an

BERLIN taz ■ Das mediale Deutschland reagierte gestern souverän kopflos auf die Kampagne von Spiegel und Springer: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die neue Rechtschreibung jetzt noch aufrechterhalten lässt“, erklärte ein Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV). Auch der Intendant des Südwestrundfunks und ehemalige ARD-Vorsitzende, Peter Voß, begrüßte die Initiative. Er will jetzt „die Überlegungen auch bei der ARD einbringen“, wo derzeit noch „neu“ geschrieben wird.

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung kündigte an, bei der neuen Rechtschreibung zu bleiben. Die Süddeutsche will dagegen zurück in die Vergangenheit. Viele Redaktionen fühlten sich von der Kampagne überfahren: „Ich lasse mir doch nicht von Herrn Döpfner und Herrn Aust vorschreiben, wie unser Blatt auszusehen hat“, sagte ein Chefredakteur zur taz. Der Zeitungsverlegerverband BDZV reagierte intern verschnupft auf die vorher nicht abgesprochene Initiative. Er will die „Entwicklung zeitnah in seinen Gremien beraten“, hieß es in einer offiziellen Pressemeldung aber schon vorsorglich: Die Verleger hätten die neue Rechtschreibung schon bei der Einführung vor fünf Jahren für „überflüssig wie einen Kropf“ gehalten.

Entscheidendes Gewicht kommt nun den Nachrichtenagenturen zu, deren Meldungen – und damit die Schreibweise – beinahe alle Medien übernehmen. Sie schreiben schon heute nach einer gemeinsamen „abgemilderten Version der neuen Rechtschreibung“, so epd-Chefredakteur Thomas Schiller. Wo die neuen Regeln mehrere Varianten zuließen, komme es zu einer „Engführung“, um eine einheitliche Schreibweise sicherzustellen. Diese Lösung sei von rund 80 Prozent der Zeitungsverlage übernommen worden. Dennoch wollen die Agenturen nicht in jedem Falle bei ihrer „Agenturschreibweise“ bleiben, sondern nach den Wünschen ihrer Kunden fragen, sagte gestern dpa-Chefredakteur Wilm Herlyn. Alleingänge schlossen alle Agenturen aus.

Egal wie das Sommertheater ausgeht: Der nächste Duden erscheint am 28. August – in neuer Rechtschreibung, versteht sich. „Wir orientieren uns an den Kultusministern und nicht an Bild oder Spiegel“, sagte Verlagssprecher Klaus Holoch.

Dass Springer-Chef Mathias Döpfner und Spiegel-Chef Stefan Aust gemeinsame Kampagnenfähigkeit beweisen, kommt nicht von ungefähr. Schließlich waren die in ihren jeweiligen Läden Allmächtigen auch schon gemeinsam im Ski-Urlaub. Und FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher hat nicht erst nach dem Vorabdruck seines „Methusalem-Komplott“-Buches in der Bild etwaige Berührungsängste Richtung Springer abgebaut. Die gestern verkündete Entscheidung nebst „Appell an andere Medienunternehmen sowie an die Nachrichtenagenturen, sich diesem Schritt anzuschließen“, war dementsprechend gut vorbereitet. Sechs Seiten widmete der Spiegel schon am Montag der Demontage des Reformwerks („Aufstand gegen Unverstand“), Springer stellte auch gestern wieder nackte Haut in den Dienst der Kampagne: „Wie schreib ich bloß Marsch blasen?“ fragte sich die Bild-Mieze auf der Titelseite, für die weibliche Leserschaft gingen schräg darüber wegen der „Schlechtschreib Reform“ jetzt „die Mütter auf die Barrikaden“.

Die taz wird sich übrigens der Initiative von Spiegel und Springer „auf keinen Fall“ anschließen. „Der Inhalt ist wichtiger als die Art und Weise, wie etwas geschrieben wird. Das, ist der Grundsatz der taz“, sagt der stellvertretende Chefredakteur Peter Unfried.

STEFFEN GRIMBERG

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