Windparkbetreiber Prokon: Leichtsinn und Politikversagen
Die Lübecker Staatsanwaltschaft prüft, ob es bei Prokon einen Anfangsverdacht auf Betrug gibt. Viele Kunden lassen dennoch nichts auf die Firma kommen.
HAMBURG taz | Nachdem Prokon am Freitag drohte, Insolvenz anzumelden, bedurfte es der Warnungen von Verbraucherschützern gar nicht mehr: Vor der Hamburger Geschäftsstelle des Windparkbetreibers auf den Colonnaden an der Alster standen die Anleger am Montag Schlange, um zu erfahren, was nun aus ihrem Geld wird. Die Antworten waren nicht sehr befriedigend. Die letzte Zinszahlung soll es am 3. Januar gegeben haben, weitere Auszahlungen soll das Unternehmen derzeit gestoppt haben, auch an Anleger, die ihre Genussrechte gekündigt haben.
Nach den Gesprächen sind viele Kunden aufgewühlt. Aber zumindest die, die – anonym – einen Kommentar abgeben wollen, lassen nichts auf Prokon kommen. „Prokon ist eine gute Sache“, sagt einer. Und ein anderer: „Man sollte auch im Umfeld recherchieren, zum Beispiel bei den Banken. Sonst zwingt man die Falschen in die Knie.“ Der Nächste wiederum weiß schon, was bei solchen Untersuchungen herauskäme: „Prokon ist bei den Banken verhasst, weil sie alles selbstständig aufgebaut haben.“
Das ist nicht ganz die Geschichte, die Anlegerschützer erzählen. Für sie strotzte das Prokon-Modell mindestens vor Leichtsinn: Denn die Geschäftsführung finanzierte langfristige Projekte mit kurzfristigem Geld. Konkret verkaufte sie privaten Anlegern monatlich kündbare Genussrechtsanteile, für die sie außergewöhnlich hohe Zinsen von mindestens 6, wenn nicht 8 Prozent versprach. Weil sich zu viele Anleger von ihren Papieren trennten, fehlen nun flüssige Mittel, um die laufenden Kosten zu begleichen.
Tatsächlich hat das Thema auch die Staatsanwaltschaft Lübeck erreicht. Man habe in den vergangenen Monaten mehrere Strafanzeigen gegen Prokon erhalten, sagte Oberstaatsanwältin Wenke Haker-Alm. Nun werde geprüft, „ob ein Anfangsverdacht wegen Betruges und weiterer Wirtschaftsdelikte besteht“.
Riskante Umweltinvestments
Möglich ist aber auch, dass die Anleger leichtsinnig waren, vielleicht weil es um eine gute Sache, um die Förderung von Windenergie, ging. Sie ließen sich mit den Genussrechten auf eine riskante Anlageform ein. Inhaber von Genussscheinen werden bei einer Insolvenz nachrangig bedient.
Verbraucherschützer kritisieren allerdings seit längerem auch ein Politikversagen: Gerade riskante Umweltinvestments in Wind, Sonne und Wälder werden oftmals auf dem sogenannten Grauen Markt gehandelt, der auch nach der Lehman-Pleite immer noch viel zu wenig reguliert ist. So konnte Prokon nicht allein mit Superrenditen werben, sondern auch für eine „rundum sichere Sache“ – ohne dass die Finanzaufsicht Bafin das beanstandet hätte.
Kein Wunder: Die Bafin prüfe Verkaufsprospekte nur auf Vollständigkeit, erklärt Thomas Hagen von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, „jedoch weder Seriosität der Anbieter noch deren Geschäftsmodell“. Die Stiftung Warentest hatte die im Mai aufgelegten Prokon-Genussrechte denn auch auf ihre Warnliste gesetzt.
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